Gastbeitrag von Stefan Hensel und Heide Padberg
Professor Noam Kaplan gehört zu der akademischen Organisation „Professoren für eine starkes Israel“. Der renommierte Physiker ist durch seine biotechnologische Forschung international bekannt. Er gehört zu den Gründern der säkularen Siedlung Givon Ha Hadascha und beteiligte sich aktiv am Aufbau von neuen Siedlungen in Judäa und Samaria. Für dieses Interview trafen wir uns in der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Herr Kaplan, gibt es einen Unterschied zwischen Juden, die in den Gebieten die vor 1967 besiedelt wurden leben, und welche die in einer Siedlung leben zum Beispiel Ariel?
Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen einer Siedlung wie Ariel, die seit dreißig Jahren existiert, und der Stadt Haifa, die schon seit eintausenddreihundert Jahren besteht. Neben statistischen Unterschieden variiert vor allem der Lebensstandard stark. Ein großer Teil der Siedler, die aus wirtschaftlichen Gründen in Siedlungen leben, wohnen nahe der Linie von 1967, während andere – nennen wir sie ideologische Siedler – in größerer Distanz zu dieser Linie leben. Ihnen allen ist gemein, dass sie ein gutes Leben führen wollen, so, wie es Theodor Herzl für die Juden gewollt hat.
Ist nicht auch die Religiosität vieler ideologischer Siedler ein Unterschied zu den eher pragmatischen Siedern zum Beispiel in Ma’ale Adumin?
Viele der Siedlungsbewohner leben dort zum Wohle eines starken Staates – als jüdische Menschen religiös oder auch nicht. Zu Beginn der Baumaßnahmen in den frühen siebziger Jahren stellte sich die Regierung dagegen. Der Likud war in der Opposition, aber die Regierung unter Peres hat den Aufbau auch nicht verhindert. Ich persönlich wollte nie in einer religiösen Siedlung leben, weil ich es ablehne mir sagen zu lassen, wie ich den Shabbat zelebrieren soll. Erst als Givon Ha Hadascha als nicht städtische und nicht religiöse Siedlung gegründet wurde, bin ich in die Gebiete gezogen.
Wie wurde Ihre Siedlung denn gebaut?
Zunächst musste eine unterstützende Vereinigung gefunden werden. Wir haben mit fünfundzwanzig Mitgliedern angefangen und heute leben in unserer Siedlung einhundertfünfzig Familien.
Auf welchem Land wurde Ihre Siedlung errichtet?
Die meisten Siedlungen in Judäa und Samaria wurden auf staatlichem Boden errichtet. Unsere Siedlung und einige andere wurden auf privaten Grundstücken gebaut, die schon lange in jüdischem Besitz waren. Erst wenn die Eigentumsfrage geklärt war, hat die Regierung die Menschen vor Ort unterstützt.
Heute leben zweihundertfünfzigtausend Menschen in den Siedlungen. Was wird mit ihnen passieren, wenn es zu einem Friedensvertrag oder einer palästinensischen Staatsgründung kommen wird?
Die Mehrheit der Israelis befürwortet eine Annexion der großen Siedlungen, wie z. B. Gilo oder Ramot, genauso wie einen Landtausch. Die so genannten „Praktiker“ würden in Kauf nehmen, das Psagot oder Hebron dann nicht mehr jüdisch sind. Wenn vor der Staatsgründung alle so wie die „Praktiker“ gedacht hätten, würde Israel heute nicht existieren. Wenn wir die jüdische Geschichte betrachten, dann ist es eher gerechtfertigt, dass Juden in Samaria leben, als im Norden von Israel. Niemand möchte gerne in einem Gebiet leben, das von Feinden umzingelt ist. Dabei handelt es sich aber nicht nur um ein israelisches Problem, sondern dies betrifft unsere Zivilisation.
Was denken Sie über die Siedlungen in Gaza, die geräumt wurden?
Zurzeit sind die Siedlungen nicht da, und was ist passiert? Jetzt müssen wir mit ansehen, wie Sderot beschossen wird. Die Armee muss über kurz oder lang wieder zurück, um den Beschuss zu stoppen.
War der Rückzug aus Gaza ein Fehler?
Oh ja! Der Rückzug ist eine schlimme Erfahrung für unsere Jugendlichen und die jungen Araber. Die israelische Jugend hat gesehen, dass wir verwundbar sind. Sie haben erfahren, dass unsere Zugeständnisse nichts als weitergehende Forderungen der Palästinenser zur Folge haben.
Warum für die Araber?
Es gibt Ihnen den Eindruck, dass sie durch den Terror und das Morden Erfolg haben. Nun machen sie mit Sderot genau das, was sie vorher mit dem Katif (Siedlungen in Gaza) gemacht haben. Sie werden den Terror also noch verstärken. Sollen wir nun auch von Sderot weggehen?
Haben Sie einen Vorschlag?
Wir müssen uns eingestehen, dass jeder Rückzug und jedes Zugeständnis von den Arabern als Schwäche gewertet wird. Der Krieg 1967 hat begonnen, weil Jordanien uns bombardiert hat. Alles was die Araber heute von uns wollen hatten sie bereits vor 1967. Trotzdem haben sie Israel bombardiert.
Was wollen die Araber dann?
Das kann man mit einem Satz sagen: Sie wollen uns hier nicht. Sie wollen einen Nahen Osten ohne Juden. Die Niederlage von 1948 hat die arabische Welt nie verwunden. Der einzige Weg für unsere Nachbarn ist, diese „Schande“ zu beseitigen, indem sie uns vernichten. Ich habe 1967 in den USA an einer Diskussion mit einem irakischen Akademiker teilgenommen und ihn gefragt: Warum will uns die arabische Welt nicht? Er hat geantwortet: Weil ihr Feiglinge seid, weil ihr eine fremde Kultur seid. Wie viele seid ihr? Ich antwortete ihm, dass wir zwei Millionen Staatsbürger haben. Darauf hat er gelacht und gesagt: „Glaubt ihr wirklich, gegen uns überleben zu können? Diese Annahme ist ein Zeichen euerer Verachtung.“ Für mich ist das bis heute der wichtigste Punkt: Die arabische Welt will keinen Frieden mit uns, weil wir Ihnen zeigen, dass sie schwach sind und besiegt worden sind. Deshalb werden sie uns nie akzeptieren.
Was bedeutet diese Erkenntnis für uns heute, die wir an der Seite Israels und der Demokratie stehen?
Zum ersten Mal in der Geschichte besteht die Möglichkeit, dass der Iran unter Achmadenijad eine Atombombe baut. Was sollte ihn davon abhalten, diese Waffe, sobald er darüber verfügt, gegen Israel, gegen uns alle zu richten?
Was denken Sie über den Sicherheitszaun?
In vielen Punkten ist er sicher eine gute Sache und hilft uns dabei, den Status Quo zu erhalten. Gleichzeitig kann er aber auch zum Problem werden. Solange wir auf beiden Seiten der Sicherheitsanlage sind und der Zaun nicht als Grenze verwendet wird, kann er helfen, Leben zu retten.
Was ist ihrer Meinung nach die wichtigste Herausforderung für Israel?
Sicherheit für seine Bürger zu schaffen, und das Band zur Diaspora aufrecht zu erhalten. Wir müssen es schaffen, dass sich Juden auf der ganzen Welt mit Israel verbunden fühlen, oder sogar einwandern. Die russische Alijah ist das positivste, was Israel in den letzten Jahren passiert ist. Unser Land hat davon enorm profitiert: kulturell, ökonomisch und moralisch.
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
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