„Teilweise schwerer Seegang mit hohen Wellen hatte den Passagieren zu schaffen gemacht.“
…schreibt Karin Leukefeld in der jungen Welt, und SoE zeigt sich hoch erfreut über den feinen Deal, der mit Shimon „Petrus“ in Rekordzeit abgeschlossen werden konnte. Denn die Free Gaza und die Liberty lagen zwar nicht vor Madagaskar, aber sie hatten die Pest an Bord – in Gestalt von 43 sogenannten Menschenrechts- und Friedensaktivisten, die verkommen genug sind, sich johlend vor den Propagandakarren der Hamas spannen zu lassen, einer Organisation, die nun gerade mit Begriffen wie „Menschenrechte“ und „Frieden“ nichts, aber auch wirklich gar nichts am Hut hat. Gleichwohl freuen sich die bärtigen Gotteskrieger über die nützlichen Idioten aus Übersee, an denen noch immer kein Mangel zu herrschen scheint, auch wenn eine ordentliche Ladung Waffen und Munition sicher willkommener wäre als 900 Hörgeräte.
Wünschenswert wäre es natürlich, wenn die „Menschenrechts- und Friedensaktivisten“ selbst Gebrauch von ihrer eigenartigen Fracht machten, dann bekämen sie vielleicht mal mit, was im Gazastreifen so an antijüdischer Hetze verbreitet wird.
Dabei ist „Free Gaza!“ ein Motto, das man nur aus vollem Herzen unterstützen kann. Jawohl, befreit Gaza – von der Hamas, denn sie ist es, die sich auf die Macht der Gewehre stützt und mangels verfügbarer Israelis die eigene Bevölkerung als Geisel hält. Eigentlich offensichtlich für jeden, aber die Passagiere der Free Gaza und der Liberty sind schon recht spezieller Natur. Umso wertvoller ist das Logbuch einer Mitreisenden, das Spirit of Entebbe heute zugespielt wurde.
22. August 2008
10.00 Uhr
Die meisten meiner Mitstreiter habe ich erst im Hafen von Larnaca kennen gelernt. Scheinen aber im Großen und Ganzen recht knorke Typen zu sein. Jedenfalls wissen wir, was uns verbindet.
Als wir endlich in See stechen, ist die gespannte Erwartung fast mit den Händen zu greifen. Was wird geschehen? Vielleicht wird man unsere Schiffe aufbringen wie im Sommer 2002 die Karine A, die, wie unsere palästinensischen Freunde glaubhaft versicherten, tonnenweise Babynahrung, Stillkissen und Bücher über gewaltfreie Kommunikation gebunkert hatte und dann von den Zionisten unter dem Vorwand, man wolle einen „Waffenschmuggel“ unterbinden, auf hoher See gekapert wurde.
10.30 Uhr
Über Megafon wendet sich eine der Organisatorinnen an die Aktivisten und garniert ihre Ansprache mit einigen zünftigen Attacken auf die zionistischen Machthaber. So langsam kommt Stimmung auf. Am Ende singen und tanzen wir zu Shaaban Abdel Rahims Hit „Ana Bakrah Israil“. Dann beziehen wir unsere Kojen. Groß ist der Luxus nicht auf diesen Seelenverkäufern, aber die spartanische Unterbringung vermittelt immerhin ein gewisses Opfer-Feeling, wir fühlen uns wie auf einem Sklavenschiff unterwegs in die Neue Welt. Muffig ist es auch unter Deck, und es gibt Streit, weil die Amerikanerin angeblich nur bei offenem Fenster schlafen kann. Wir schimpfen auf Israel, das uns diese ganze Scheiße hier schließlich eingebrockt hat.
12.00 Uhr
Mittagessen. Ausgerechnet Bohnensuppe! Na, das kann ja heiter werden heute Nacht. Ich habe das Gefühl, diese Reise steht unter keinem guten Stern.
13.00 Uhr
Ich will ja gern für den Frieden kämpfen bzw. für das Ende des zionistischen Regimes, aber vorerst kämpfe ich gegen die Übelkeit. Der Kahn schlingert und stampft in der rauen See, und alle haben Probleme mit der reziproken Peristaltik. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Reihern für Palästina. Na super.
18.00 Uhr
Zionistische Patrouillenboote tauchen am Horizont auf. Augenblicklich werden hasserfüllte Rufe laut, einige der Friedensaktivisten spucken beim Anblick der Flagge mit dem Davidstern aus. Werden die Juden auf uns schießen? Uns hinterrücks aus der Tiefe angreifen? Mit einem Torpedo versenken? Beim Gedanken an ein Massaker läuft mir merkwürdigerweise ein wohliger Schauer über den Rücken. Aber daraus wird wohl nichts. Uns wurde gesagt, die Reise sei vollkommen risikolos. Obwohl die Veranstalterin schnell nachschob, dass die Zionisten natürlich für ihren menschenverachtenden Umgang mit missliebigen Personen berüchtigt seien. Das schon.
21.30 Uhr
Eben durchgesagt: Die Zionisten wollen die Blockade für uns aufheben. Grenzenlose Enttäuschung macht sich breit. Da nimmt man sich drei Wochen Urlaub, hockt hier mit Dutzenden seltsamen Menschen aus 17 Ländern auf engstem Raum, kotzt sich die Seele aus dem Leib – und das ist nun der Dank?! Besonders die Fotografen und Kameramänner fluchen. Sie hatten sich so auf die Bilder gefreut: Schwer bewaffnete zionistische Marinesoldaten entern das Schiff, während wir untergehakt „We shall overcome“ singen. Und jetzt? Alles umsonst. Wir sind am Boden zerstört. Einige Aktivisten sind sehr zornig, auch wenn die Chefin meint, wir würden immerhin die „Blockade durchbrechen“. Ja toll, mit freundlicher Genehmigung der Zionisten. In niedergedrückter Stimmung klettern wir in unsere Kojen. Wie deprimierend. Wirklich teuflisch, diese Zionisten. Uns einfach so ins Leere laufen zu lassen. Hoffentlich finde ich überhaupt in den Schlaf. Einige schnarchen schon, andere schmökern in Finkelstein-Büchern oder pupsen unter der Bettdecke. Die Bohnensuppe, man ahnte es. Morgen früh sollen wir in Gaza anlegen. Damit hat nun wirklich keiner gerechnet. Was für eine Scheiße.
Sensationell ist, dass die Friedensfreunde tatsächlich immer noch das Wort „knorke“ gebrauchen! Wie sagt Hermes Phettberg so passend: „Alle Klischees tragen Gewehr!“
Gruß Petz
Sehr nettes Tagebuch 🙂
Und dann würde ich gerne noch die Fortsetzung lesen, die darüber berichtet, wie die netten Aktivisten da wieder rauskommen.
Ob Israel sie wohl einreisen lässt? Oder müssen sie wieder mit Bohnensuppe und offenem Fenster abreisen?
Wie isses denn weiter gegangen?
Ich hoffe auf eine Fortsetzung!!!
Herrlich!
Applaus!
Mehr davon!
😉
Um es mit Rudolf Scharping (als TdF-Kommentator 1997) zu sagen: ein grosses, grosses Bravo!
…gut erholt aus dem Urlaub zurück, wie ich sehe/lese! Weiter so!
Hervorragend geschrieben, aber das war ja auch leicht mit all dne zinoistischen Abhöranlagen und Angriffsubooten runherum…
Und für die reziproke Durchbrechung der zionistischen Blockade spende ich eine Büchse Bohnen. Dann müssen die armen, verhungernden Propaganda-Palis nicht auch noch logistisch minderbemittelte Friedensaktivisten erhähren…
nettes tagebuch 😉
der begriff seelenverkäufer in dem zusammenhang ist absolut köstlich!
Sehr gut.
Lob und Anerkennung! Musste schon schmunzeln, köstlich!
Es muss wirklich viele Leute geben, denen entsetzlich langweilig ist. Und dann noch das, die Israelis lassen sie einfach durch.
Vielleicht sollten die Leute eher nach Darfur oder einen Abenteuer-Urlaub in Bagdad machen.
Ja, ich bin auch auf die Fortsetzung des Tagebuchs gespannt. Bitte mehr davon.
bin gespannt wie lange es dauert, bis die hamas die 900 hörgeräte so weit hat, dass man damit schießen kann…
ach,wenn wir israel nicht hätten!
worüber könnten wir dann noch lamentieren?
all die anderen krisengebiete sind doch irgendwie langweilig.
hier kann ich doch richtig betroffenheit spüren.
all die armen toten guten juden
und dann diese lebenden faschistischen.
eklig kann`s einem werden.
haben nichts gelernt aus ihrer geschichte.
die besserungsanstalten haben sie verstockt gemacht.
keine dankbarkeit für uns 68-iger,die doch schliesslich unseren eltern das leben schwer gemacht haben, wegen deren judenhass.
ihr könntet doch einfach die gutmenschen sein,die wir immer sein wollen.
aber nein,wollen nie mehr unterdrückt sein,igeln sich in ihrem mittelmeerstreifen ein,sind so produktiv und fleissig wie wir deutsche,dass sie sogar die atombombe haben,machen einfach krieg,ohne uns friedensfanatiker zu fragen(bin ich wirklich einer),beunruhigen uns einfach in unserem sandkasten-frieden(der gut vom kapitalistischen profitsystem leben kann),schmeissen einfach alle meine ideale um.
nein,nein so sollt ihr nicht sein.
lasst euch auf die vorschläge meiner linken genossen ein,die palästinenser werden schon nicht so schlimm sein,wie der hitler.
und wenn doch,dann setzt ihr einfach der fernsehserie holocaust einige neue folgen hinzu,ist doch auch klasse!
wir zählen doch auf euch,wo doch schon die schwarzen so schändlich von onkel tom´s weg abgekommen sind.
keiner will mehr leiden,wo soll ich dann noch den wohligen schauer herbekommen,den ich in meinem wohlbehüteten bett erlebe,wenn ich all diese schlimmen missetaten und die armen opfer geniessen kann.
da müsste man doch mal was machen,wie schlimm ist doch die welt!
Ist Politik eigentlich eine Disziplin oder für die Beteiligten ein Egotrip?
Den passenden Soundtrack zum Mitreihern gibt’s auch schon:
🙂
Die fahren ja aber wohl hoffentlich auch mit dem Schiff wieder zurück, oder?
@17 Elke
Nicht alle sind wieder zurück gefahren. Dafür dürfen sie jetzt länger in Gaza bleiben.
Merkwürdigerweise wollen sie aber aus Gaza raus, nur weigern sich die Israelis, aber auch die Ägypter, und lassen diese Leute nicht in ihre Länder einreisen.
Tja, nun dürfen sie bei ihren Lieblingen der Hamas bleiben. Wer weiß, wie lange.
Großartig, Claudio, wie immer. Ich schließe mich meinen Vorrednern an und hoffe auf eine baldige Fortsetzung!
[…] (nur zur Erinnerung: “Das Narrenschiff”, “Humanitäre Leichtmatrosen”, “Reihern für Palästina” und “Offene See”). Drittens ist der Gaza-Streifen – von den Terroristen der Hamas […]