Hardliner, Rechtspopulist, Ultranationalist: Die Medien haben sich darauf geeinigt, den neuen israelischen Außenminister Lieberman mit allerlei negativen Beinamen zu schmücken. Nun könnte man natürlich fragen: Wie verträgt sich so ein Label mit der von Lieberman vertretenen Auffassung, mehr als 250 Quadratkilometer des eigenen Staatsgebiets („El Mutallat“, das Dreieck) den erklärten Feinden des jüdischen Staates zu überlassen? Könnte es Gründe für seinen Argwohn geben, dass es mit der Loyalität der arabischen Israelis zum Staat nicht allzuweit her ist, wenn sie etwa Solidarität mit der Hamas bekunden oder Politiker in ihrem Namen sprechen, die im Ausland gegen den eigenen Staat hetzen? Und warum wird kein palästinensischer Politiker als „Ultranationalist“ gebrandmarkt, auch wenn er auf einem judenreinen Palästina besteht und seit Jahr und Tag den Slogan „Mit unserer Seele, mit unserem Blut befreien wir dich, o Palästina“ predigt?
Es ist ja das gute Recht von Ulrike Putz und allen anderen üblichen Verdächtigen, Lieberman nicht zu mögen. Ihm zu unterstellen, er sei „kompromisslos“ und „lehne sämtliche Zugeständnisse an die Palästinenser ab“, ist gleichwohl unlauter – zumal im selben Text präzisiert wird, was diese Aussagen ad absurdum führt:
In seiner Antrittsrede erklärte Lieberman den Annapolis-Friedensprozess mit den Palästinensern für beendet. Damit schloss er alle Verhandlungen mit den Palästinensern über die Kernfragen des Nahost-Konflikts und einen eigenen Staat aus, solange sie nicht „Punkt für Punkt“ alle Auflagen des Nahost-Friedensplanes (Roadmap) von 2003 erfüllt haben.
Lieberman verlangte, dass die Palästinenser erst alle Terrororganisationen entwaffnen und eine effektive Regierung aufbauen. Zugeständnisse lehnte Lieberman ab, weil dies nur zu neuem Druck auf Israel einlade.Mit der Berufung auf die „Roadmap“, die letztendlich nach einem langen Prozess zu einem unabhängigen Palästinenserstaat führen soll, erkannte Lieberman aber indirekt eine Zwei-Staaten-Lösung an.
Ulrike Putz sagt also, dass Lieberman einen Ausgleich auf der Grundlage der sogenannten Roadmap akzeptiert. Die darin enthaltene Kernforderung an die Palästinenser (die von Putz zitierte Entwaffnung aller Terrororganisationen) scheint allerdings auch im Jahr 16 nach Oslo von selbigen als Zumutung empfunden zu werden – und von ihren schreibenden Kollaborateuren ebenso, sonst würde man diese sehr nachvollziehbare Voraussetzung für weitere Zugeständnisse nicht entweder verschweigen oder das Bestehen darauf als „kompromisslose“ Haltung geißeln.
Kompromisslos ist in der Tat, unverändert auf 100 Prozent Palästina (Westbank plus Gaza plus Ostjerusalem) sowie eisern auf dem „Rückkehrrecht“ zu beharren und sich die Option offen zu halten, bei Nichterfüllung der Maximalforderung weiter auf Terror zu setzen. Die Kritik an der Kompromisslosigkeit der Palästinenser hält sich dennoch in Grenzen, und ganz sicher wird sie nicht vom journalistischen Arm der Hamas auf die Tagesordnung gebracht.
Man kann Lieberman mögen (was wohl nur wenige tun) oder nicht, aber die Palästinenser haben sich nun mal zur Einhaltung der Roadmap verpflichtet. Ohne geht nix, wenn man irgendwann mal weiterkommen, also einen wirklichen „Friedensprozess“ in Gang setzen will. Das ist die Wahrheit, auch wenn ein „ehemaliger Türsteher“ sie ausspricht, der jetzt als Prügelknabe für die diplomatische Sackgasse herhalten soll, in die der „Friedensprozess“, der nie einer war, durch das sture Festhalten sämtlicher Palästinenserführer am „bewaffneten Widerstand“ manövriert wurde.
Der „Hardliner Lieberman“ ist immer noch ein Demokrat, was sich von seinen ach so „gemäßigten“ oder „moderaten“ Partnern auf der anderen Seite, die sich jetzt so entrüstet geben, nun wirklich nicht sagen lässt. Was ein Außenminister Lieberman zusagt, wird auch umgesetzt. Was Arafat, Abbas oder Fayad in Oslo, Camp David, Annapolis, Sharm el-Sheik oder sonstwo zugesagt haben, ist dagegen bis heute keinen Shekel wert.
Die faszinierende Logik der Israel“kritiker“, ist ein Politiker religiös, so ist er ein religiöser Fanatiker, ansonsten nur ein Ultranationalist.
Das die Situation evtl. nur ein klein wenig komplexer traut/will der Journalist wohl dem Leser nicht zumuten. Liebermann will eine Zivilehe in Israel, ein Tabu für Schas, will mehr israelisches Land als die Linke abtreten, aber wozu mit Details aufhalten, wenn es viel einfacher ihn nur als moldawischen Türsteher zu verunglimpfen. Keine Frage, Liebermann ist ein Rassist, aber die Art und Weise wie er als Ausrede für Israelhass verwendet ist, sagt mehr über die Journalisten als über Liebermann aus.
[…] Wie bösartig und verlogen der Umgang mit Lieberman ist, zeigt auch wieder Claudio Casula auf Spirit of Entebbe […]
„Kompromisslos ist in der Tat, unverändert auf 100 Prozent Palästina (Westbank plus Gaza plus Ostjerusalem)“
Naja, warum sollten sie auch nicht. Irgendwie müssen die Jungs und Mädels ja auch irgendwo leben und da nun einmal Ostjerusalem ihre Hauptstadt ist, soll sie es eben auch bleiben. Was spricht nur dagegen
Was das Rückkehrrecht betrifft: Also selbst wenn es dieses geben sollte, würde es nicht umgesetzt – die „Flüchtlinge“ haben sich in ihren neuen Heimatländern ziemlich wollig eingerichtet. Gegönnt sei es ihnen. Da ist der Verhandlungspunkt.