Ist es nicht seltsam? Ausgerechnet jene, die schon eine Gepäckkontrolle am Grenzübergang als Demütigung und Akt der Dehumanisierung zu beklagen pflegen, vorausgesetzt, die Prozedur wird von Israelis ausgeführt, haben kein Problem damit, wenn eine wirkliche Entmenschlichung stattfindet – in diesem Fall allerdings, wenn Juden die Objekte derselben sind.
Schon für den Gröfaz stellte das Judentum die „Rassentuberkulose der Völker“ dar, die es restlos zu „entfernen“ galt; was liegt da für die Judenhasser von heute näher, als Israel ein „Krebsgeschwür“ zu nennen? Diese Diagnose erfreut sich in der zugegebenermaßen schon irgendwie kranken arabischen Welt großer Beliebtheit, kein Wunder also, dass es in einer deutschen Fernsehreportage schon mal wörtlich hieß, die „jüdischen Siedlungen“ in der Westbank fräßen sich „wie ein Krebsgeschwür“ in die arabische Landschaft. So wie Dr. Issam Sissalem am 21. Dezember 2004 im palästinensischen Fernsehen wissen ließ, Israel sei „ein Krebs, der sich im Körper der islamischen Welt ausbreitet“.
Der iranische Präsident Ahmadinedschad beliebte Israel u.a. als „dreckige Mikrobe“ zu bezeichnen, General Mohammed Ali Jaafari, Befehlshaber seiner Revolutionsgarde, stieß im Februar 2008 ins gleiche Horn: Der jüdische Staat sei ein „Krebsbakterium“, die Hisbollah empfahl er als „Bestrahlung“.
Zuletzt tat der iranische Außenminister Manouchehr Mottaki, selbstredend ein unbedingt als moderat geltender Zeitgenosse, vor den Mitgliedern der Organisation der Islamischen Konferenz kund, das „zionistische Regime“ sei die „größte Bedrohung für den Mittleren Osten“ und es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um den „karzinösen Tumor in der Region zu entfernen“.
Doch wie niemand dem Braunauer Braunhemd beizeiten in den Arm fiel, so dürfen auch die Krebsdiagnostiker von heute – von in anderen Zusammenhängen gewiss sensibleren deutschen TV-Redakteuren bis hin zu islamischen Fundamentalisten – das Jüdische als ein den (diesmal arabischen/muslimischen) Volkskörper zerfressendes Gewächs verunglimpfen und seine Vernichtung als notwendige Maßnahme im Dienste der Volksgesundheit ankündigen, ohne dass einer derjenigen, die sonst alle fünf Minuten „Wehret den Anfängen!“ rufen, ernsthaft Protest einlegte. Eine Distanzierung von „inakzeptablen Äußerungen“ ist da das höchste der Gefühle. Und so lange dem so ist, hört man insbesondere in Israel genau hin, was andernorts in Sachen Dehumanisierung ausgebrütet und in Wort und Schrift verbreitet wird. Wer heute als Mikrobe und Tumor bezeichnet wird, könnte schon morgen den Hobbychirurgen von Gaza bis Teheran das Skalpell entwinden, gern auch unter Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt. Und er hätte jedes Recht dazu. Das wollten wir hier nur mal festgehalten haben.
Die Metapher vom „Krebsgeschwür“ hat sich ja auch bei israelischen Politikern reger Beliebtheit erfreut – in Bezug auf die Palästinenser selbstverständlich.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,211034,00.html
Besonders hervorgetan hat sich der ermordete Tourismusminister Zee’vi:
In a radio interview in July, 2001, Ze’evi claimed that 180,000 Palestinians worked and lived illegally in Israel, then referred to them as „a cancer“ and said that „We should get rid of the ones who are not Israeli citizens the same way you get rid of lice“
http://en.wikipedia.org/wiki/Rehavam_Ze%27evi
David Ben Gurion warnte einst vor der „Levantinisierung“ Israels. Von der Rhetorik her ist Israel bereits angekommen im Nahen Osten könnte man meinen.
@ Parsa Kakashanian
Ehrlich: Nachdem ich den Blogeintrag reingestellt hatte, hab ich mich zurückgelehnt und bis zehn gezählt. Da hatte ich eine Antwort wie deine eigentlich schon erwartet. Du bist also ein bisschen spät dran. Nix für ungut.
Der „Spiegel“-Artikel datiert genau aus der Zeit der Operation Defensive Shield, der Gegenoffensive nach der mörderischen Terrorwelle im März 2002. Dass Yaalon „die Palästinenser“ als Krebsgeschwür bezeichnet hat, darf bezweifelt werden, vielmehr geht aus dem Text klar hervor, dass er den unsäglichen Terrorismus meinte. Das Originalzitat würde ich gern mal sehen.
Und dass du „Gandhi“ Ze´evi zitierst, wundert mich auch nicht. Nur solltest du wissen, dass extreme Meinungen in Israel die Ausnahme sind (und eben entsprechende Empörung auslösen), im arabischen Raum die Hetze gegen Israel aber keine Randgruppenerscheinung ist, sondern die Regel.
Das wird dir Wikipedia allerdings nicht vermitteln.
Da haben Sie aber wieder achseltief in Ihrer Schmutzkiste gewühlt, ehe es Ihnen gelang, ein paar antizionistische Schnurren und Räuberpistolen (bezeichnenderweise aus den Jahren 2004 und 2008) zutage zu fördern. Der Grad ihrer Verzweiflung darüber, dass zur Zeit kein Staat der Welt mehr die Ziele der gegenwärtigen israelischen Regierung unterstützt, lässt sich auch an wirklich lustigen Aussagen wie „extreme Meinungen (sind) in Israel die Ausnahme und (lösen) eben entsprechende Empörung aus“ ermessen. Noch besser: „Wer heute als Mikrobe und Tumor bezeichnet wird, k√∂nnte schon morgen den Hobbychirurgen von Gaza bis Teheran das Skalpell entwinden, gern auch unter Anwendung unverh√§ltnism√§√üiger Gewalt.“
Sie erinnern mich an den Ritter aus dem „Leben des Brian“, der auch als arm- und beinloser Rumpf noch ungebrochenen Kampfeswillen zeigt.l
@ Käsebrot
Sie können die Beispiele als pars pro toto nehmen, solche Aussagen und antijüdische Karikaturen nach „Stürmer“-Art sind im arabischen Raum gang und gäbe. Und „Verzweiflung“? Ach je. Israel kann schon gut auf sich selbst aufpassen, jedenfalls ist es nicht vom Goodwill solcher Typen wie Ihnen abhängig.
Der Schwarze Ritter ist übrigens aus dem Film „Die Ritter der Kokosnuss“, um Ihre Recherchekünste ist es offensichtlich nicht zum besten bestellt. Zudem hinkt die Analogie zweifach, weil Israel weder scharf auf Auseinandersetzungen ist noch im Kampf besiegt wurde. Das „Na gut, einigen wir uns auf Unentschieden“ passt hingegen zur ägyptischen Einschätzung des Yom-Kippur-Krieges wie Arsch auf Eimer. Lesen Sie sich wenigstens ins Thema ein, bevor sie irgendwas Besserwisserisches absondern, so was geht nur nach hinten los.
@Käsebrot:
Sie meinen also, wenn „alle“ gegen Israel eingestellt sind, dann immer fest drauf? Ein seeehr sympathischer Charakterzug, dieses sich „in der Gruppe stark fühlen“. Hat aber rückblickend paar mal ziemlich Schaden angerichtet … aber was solls, gerade im deutssprachigen Raum wußten die Leute schon immer am Besten, was gut für die Juden ist.
PS: An eindeutig rassistischen Angriffen auf Israel/die Juden besteht in der arabisch-moslemischen Welt nun wirklich kein Mangel. Haben nicht erst kürzlich hochrangige ägyptische Spezialisten in einer Fatwa festgeschrieben, daß „der Ursprung sämtlicher in der Welt existierender Schweine die Juden sind, die von Allah verflucht wurden.“ und „wegen ihrer jüdischen Wurzeln sei das Abschlachten sämtlicher Schweine zulässig.“!?
@ willow
Sicher auch wieder eine „antizionistische Schnurre und Räuberpistole“ – Käsebrot und Schimmel (Annemarie) passen eben zusammen.
„ein paar antizionistische Schnurren und Räuberpistolen“
Wer sich umschaut, hoert und sieht ueberall Anti-israelisches – dass sind alles Andere als „Schnurren und Raeuberpistolen“ !
„kein Staat der Welt mehr die Ziele der gegenwärtigen israelischen Regierung unterstützt“
Viellecht ist es noch nicht ganz soweit,
aber daran „arbeiten“ Solche wie der Kommentator der zitierten Worte kraeftig!
Es ist schaendlichst!
@ Casula
Ja, ja, ich bleibe mir selbst treu 😉 Aber der Kommentar schrie geradezu danach!
„dass extreme Meinungen in Israel die Ausnahme sind (und eben entsprechende Empörung auslösen), im arabischen Raum die Hetze gegen Israel aber keine Randgruppenerscheinung ist, sondern die Regel.“
Ich sprach ja von „Levantinisierung“ 😉 Israel hat schon lange begonnen, sich anzupassen. Leider möchte man hinzufügen, aber Leute wie Ze’ev und Lieberman sind ja keine Nobodies. Es mag sein, dass sich die Kommentatoren bei Haaretz aufregen – aber diese Menschen bekommen doch ihre Wählerstimmen, ihnen wird auch zugejubelt. Die demokratisch notwendige Abgrenzung klappt nicht mehr. Aber hier ist Israel ja nicht allein. In Österreich, in Frankreich, in Dänemark – dasselbe Phänomen. Warten wir’s ab, bis derartiges auch in der Bundesrepublik gedeiht.
“wegen ihrer jüdischen Wurzeln sei das Abschlachten sämtlicher Schweine zulässig.”
Erschwerend kommt hinzu, dass die Abschlachtung der „jüdischen“ Schweine dazu führt, dass einem Teil der christlichen Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen wurde.
ohne dass einer derjenigen, die sonst alle fünf Minuten „Wehret den Anfängen!“ rufen, ernsthaft Protest einlegte.
Mich wunderte es vor Jahren. Jetzt habe ich dazu meine Theorie, diese Leute haben es einfach nicht verstanden. Sie plappern „Wehret den Anfängen!“ einfach so lange nach, bis es eine hohle, sinnentleerte Phrase ist. Ohne den Schlüsselreiz „Nazi“ können sie nicht bis 3 zählen. So merken sie nicht, dass der Nationalsozialismus nicht ohne Antisemitismus existiert, sehr wohl aber der Antisemitismus ohne Nationalsozialismus.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.
Ignazio Silone
[…] “… Ist es nicht seltsam? Ausgerechnet jene, die schon eine Gepäckkontrolle am Grenzübergang als Demütigung und Akt der Dehumanisierung zu beklagen pflegen, vorausgesetzt, die Prozedur wird von Israelis ausgeführt, haben kein Problem damit, wenn eine wirkliche Entmenschlichung stattfindet – in diesem Fall allerdings, wenn Juden die Objekte derselben sind. […]