Hat DER SPIEGEL eigentlich schon mal einen Bericht über die Klagen gebracht, die israelische Rechtsanwälte gegen die Palästinensische Autonomiebehörde einreichen wollten? Schließlich gehen allein während der Terror-Intifada mehr als 1000 Tote, zum allergrößten Teil Zivilisten, auf das Konto von Milizen und „bewaffneten Armen“ respektierter Verhandlungspartner.
Es steht nicht zu vermuten. Dafür hat DER SPIEGEL Nr. 23/2009 eine Doppelseite für den „Feldzug der Anwälte“ übrig: palästinensische Juristen, die „936 Klagen gegen die israelische Armee“ vorbereitet haben. „Die schwersten Fälle könnten demnächst in Europa verhandelt werden“, freut man sich in der Brandstwiete und spricht damit auch dem jedenfalls per E-Mail schon mal geäußerten innigsten Wunsch von Abraham Melzer aus dem Herzen.
Zwar ist der Autorin Juliane von Mittelstaedt schon irgendwie bewusst, dass es mit der Gerechtigkeit so eine Sache ist („Und jetzt also Ermittlungen gegen die Führung Israels, eines demokratischen Staates, und die einzige Kriegspartei, die man verklagen kann – während die Hamas ungestraft bleibt für ihren Terror“), aber das war es dann auch schon mit dem Anflug von Kritik. Die Bühne gehört nun Ijad al-Alami, der die Rechtsabteilung des Palästinensischen Menschenrechtszentrums (PHCR) in Gaza-Stadt leitet.
Herr al-Alami hat ein Problem, das er nach landläufiger Meinung eigentlich gar nicht haben dürfte: Er möchte Israel „systematische Kriegsverbrechen“ nachweisen, keine fehlgeleitete Granate hier oder dort, keine Inkaufnahme von Kollateralschäden bei der Jagd nach Terroristen. Sondern Vorsatz und Unmenschlichkeit. Und sein Problem ist, dass er genau das eben nicht kann.
„Ein gewonnener Fall wäre genug, nur einer“, sagt der Anwalt. „Dann würde ich mich sofort zur Ruhe setzen. Dann hätte ich alles erreicht.“ Ein Fall von 936. Ijad al-Alami braucht den perfekten Fall.
Der perfekte Fall, das heißt: Die Toten müssen Zivilisten sein. Es muss seriöse Zeugen geben. Es dürfen keine Hamas-Kämpfer in der Nähe gewesen sein, die Bewohner als Schutzschilde missbraucht haben könnten. Und es muss eindeutig sein, wer den Befehl gab, wer getötet hat.
Der perfekte Fall wäre also die absolute Ausnahme, eine Ausnahme allerdings, die Ijad al-Alami glücklich machen würde, weil er, der Verteidiger von Hamas- und Fatah-Terroristen, diesen zur Regel erklären und Israel in der Welt wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anprangern könnte. Mit diesem einen Fall, den zu finden er sich verzweifelt abstrampelt, wäre das Propagandawerk zufriedenstellend erledigt, und die armen Würstchen von Israelhasser hätten endlich einen Vorfall, an dem sie sich jeden Tag, den der Herr werden lässt, hochziehen könnten. Allein, sie warten und warten, und bis Herr al-Alami seinen perfekten Fall gefunden hat, wenn er denn je einen findet, müssen sie sich weiter mit den Gerüchten zufrieden geben, die bestenfalls aus zweiter Hand stammen oder von „Menschenrechtlern“, die aus ihrer politischen Agenda kein Geheimnis machen.
Dafür, dass „noch nie ein Krieg so gut dokumentiert“ war, wie Frau von Mittelstaedt schreibt, und die halbe Welt schier aus dem Häuschen war wegen des „Holocaust in Gaza“ muss man sich doch eigentlich wundern, dass der Anwalt solche Schwierigkeiten hat mit seinem perfekten Fall – schließlich bestand die palästinensische Seite doch von Anfang an darauf, dass es sich bei der Operation Gegossenes Blei nicht um einen Feldzug gegen die Hamas gehandelt habe, sondern um ein wahlloses Abschlachten der Zivilbevölkerung.
Von dem doch recht abenteuerlichen Versuch der Hamas, sich zum Opfer einer Aggression zu stilisieren, einmal abgesehen, verblüfft hier vor allem die Diskrepanz zwischen den mit großem Tamtam vorgetragenen Anklagen und der kümmerlichen Beweislage. Warum tut sich ein Anwalt so etwas an? In Gaza hätte der Menschenrechtler Ijad al-Alami doch schon weiß Gott genügend zu tun.
http://www.tnr.com/politics/story.html?id=f470f8e7-49ae-4eb1-a8ac-1a2326ae9c9f
[…] Casula trifft mal wieder den Nagel auf den Kopf, diesmal anhand eines Palli-Anwalts, der etwas sucht, das er vielleicht eventuell irgendwann einmal […]