11.40 Uhr
„Was ist das denn?!“ Ungläubig starrte der Ressortleiter Ausland auf den Bildschirm des jungen Mitarbeiters: „Eine Kurzmeldung über Raketenangriffe aus Gaza auf israelisches Gebiet? Ja, sind Sie denn mit dem Klammerbeutel gepudert?!“ Der Junior-Redakteur wand sich verlegen auf seinem Stuhl. „Wieso denn, Chef? Stand doch in den Agenturmeldungen.“ – „Mein Gott, man merkt wirklich, dass Sie noch viel lernen müssen, Eschenröder. Das da ist keine Meldung. Die Meldung kommt noch!“
15.10 Uhr
Mit einer gewissen Beunruhigung sah Eschenröder seinen Ressortleiter auf sich zusteuern. „So, Herr Praktikant, jetzt gehen wir mal die Agenturmeldungen durch… Und was sehen wir da? Oh, oh: Israelische Luftwaffe greift Stellungen radikalislamischer Kämpfer an. Merken Sie was, Eschenröder?“ – „Klar, die haben zurückgeschlagen.“ – „Ebend! Und das werden Sie jetzt mal hübsch ausformulieren. Viel Spaß dabei.“
15.30 Uhr
Der Wutausbruch des Ressortleiters war noch in der Teeküche zu hören. „Aaaaaargh! Leute, Ihr glaubt nicht, was dieser elende Praktikant hier geschrieben hat: ,Nach wiederholten Raketenangriffen auf ihr Gebiet haben israelische Streitkräfte…’“ Ein kollektives Aufstöhnen erfüllte das Großraumbüro. „Das geht ja mal gar nicht!“, ließ sich der Ressortleiter vernehmen. „Ich glaube, wir müssen hier mal ein paar grundlegende Dinge klären…“
Damit zog er den jungen Kollegen in sein gläsernes Kabäuschen und ließ die Jalousien herunter. „So, Eschenröder, passen Sie mal auf. Ich hatte gesagt: Die Meldung kommt noch. Also, was ist die Meldung?“ – „Dass die Israelis zurückgeschlagen haben.“ – „Neeiiin! Dass die Israelis angegriffen haben, Herrgott noch mal!“ – „Aber, aber…“ – „Nix aber! Israel bombardiert Gazastreifen, das ist die Meldung, Compañero. Also schreiben Sie das auch!“ „Ja, aber das war doch eine Reaktion?“ – „Papperlapapp. Israel bombardiert Gazastreifen, aus die Maus. Gab es Tote?“ – „Nein, nach palästinensischen Angaben vier Verletzte, also: Terroristen.“ – „Terroristen?? Jemand zu Hause bei Ihnen, Eschenröder? Terroristen, ich glaub‘, es hackt! Aktivisten vielleicht. Militante. Kämpfer, aber das ist Maximum.“ „Ja, aber wird die Hamas nicht von den USA und der EU als terroristische Organisation gelistet?“ – „Schon, aber doch nicht bei den Medien, Sie Vollpfosten! Des einen Terrorist ist des anderen Widerstandskämpfer, weiß man doch. Wir dürfen da keine Position beziehen, denken Sie daran: Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten!“ – „Also bleiben wir neutral?“ – „Schauen Sie, Eschenröder: Da sind ein paar maskierte junge Kerle mit Testosteronüberschuss, die eine selbst gebastelte Rakete aufs Geratewohl abschießen. Die landet irgendwo auf einem Kibbuzacker. So. Und dann kommt die israelische Luftwaffe mit Hightech-Gerät und feuert richtige Geschosse ab. Was ist die Meldung?“ – „Hm. Die Vergeltungsaktion?“ – „Ich sehe, so langsam fällt der Groschen bei Ihnen. Hier,“, er griff in seine Schublade, „nehmen Sie das hier mal mit, da steht alles drin, was Sie wissen müssen. Das ist die Bibel der Nahostberichterstatter. Und jetzt: husch husch, an die Arbeit!“
16.05 Uhr
„Chef?“ Eschenröder steckte seinen Kopf durch den Türspalt. „Attentat auf eine Siedlerfamilie, vier Tote. Was soll ich schreiben?“ – „Na, dann warten wir doch erstmal ab, was die Israelis unternehmen.“ – „Und, äh: dass da ein Attentat war, ist jetzt keine Meldung?“ – „Mensch, üben Sie sich doch mal in Geduld! Wenn dieser Netandingenskirchen meint, er müsse Vergeltung ankündigen, dann packen wir das in die Schlagzeile, und im Text können Sie den Anschlag ja dann immer noch erwähnen.“ – „Ja, aber…“ Eschenröder druckste herum. „Vertauschen wir damit nicht Ursache und Wirkung?“
Der Ressortleiter seufzte. „Haben Sie jetzt mal in das Handout gekuckt oder nicht? Wann haben Sie zum letzten Mal die Schlagzeile: ,Palästinenser erschießt Israelis´ gelesen? Oder ,Palästinensischer Terrorist verübt Attentat – 12 Tote´? Haben sie eine solche Überschrift überhaupt schon einmal gelesen? Sehen Sie. Und jetzt raus hier. Sie setzen sich erst wieder an den Rechner, wenn Sie den Leitfaden studiert haben.“
16.40 Uhr
„Israel bombardiert Stellungen im Gazastreifen.“ Der Ressortleiter schüttelte den Kopf. „Viel zu detailliert. Was soll denn der Leser damit anfangen?“ – „Nun ja, die Luftwaffe hat dahin gefeuert, von wo die Raketen abgeschossen wurden.“ – „Handout nicht zu Ende gelesen, was, Eschenröder? Wo lagen denn die ,Stellungen’, hm?“ –„Im Gazastreifen natürlich.“ – „Bingo! Na, dann schreiben Sie das auch: Israel bombardiert Gazastreifen! Und wenn das schon seit Wochen nicht vorgekommen ist, dann schreiben Sie, dass es die schwersten Angriffe seit Wochen waren. That’s the way we do it, Genosse.“
16.50 Uhr
„Ich weiß nicht.“ An dem jungen Redakteur nagte das schlechte Gewissen. „Irgendwie wird die Meldung den Geschehnissen doch nicht gerecht.“ – „Aah, was hier jahrzehntelange Praxis in allen Redaktionen ist, möchte unser Jungspund natürlich ratzfatz ändern! Wie heißen Sie eigentlich mit Vornamen, Eschenröder? Shlomo?“ Der Ressortleiter lachte dröhnend. „Shlomos! So hat Michael Lüders immer Leute genannt, die zionistische Schlagseite hatten…“
„Würde ich gar nicht sagen, Chef, aber ich hab zum Beispiel neulich irgendwo gelesen, dass die Fatah da so einen Kongress veranstaltet hat, auf dem sie sich sehr unversöhnlich zeigte, und…“ – „Also, bei uns haben Sie so etwas ganz sicher nicht gelesen, Eschenröder! Und auch in keiner anderen deutschen Publikation. Wen interessiert denn so was? Und wen interessiert, ob die Hamas zwei Jahre nach dem Gazakrieg einräumt, dass mindestens zwei Drittel der Opfer Kämpfer waren? Wir haben zwei Jahre lang geschrieben: 1400 Tote, die meisten davon Zivilisten. Und jetzt sollen wir einräumen, dass das alles Bullshit war? Sie haben wohl ein Ei am Wandern! Bringen Sie mir noch mal das Handout, Sie Clown. Schnell weg sein, schnell wieder hier sein.“
Zwei Minuten später:
„So, verehrter Kollege: Ihr Ausflug ins Ressort ist beendet, hab’ schon mit dem Chefchef gesprochen. Es ist für alle besser, wenn Sie neue Herausforderungen auf anderen Gebieten suchen. Lokales, hat noch nie jemandem geschadet. Hier: Der Bürgermeister hat eine Adele Bramsig an ihrem 100. Geburtstag persönlich besucht, ihr einen Blumenstrauß überreicht und einen netten Plausch mit der rüstigen Jubilarin gehalten. Da machen Sie mal was Schönes draus! Und, Eschenröder…“
“Ja?“ Der junge Mann drehte sich an der Tür noch einmal um.
„Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf: Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, von denen Sie was verstehen.“
Hey, wo hast Du denn Mäuschen gespielt?
Zeit, Spiegel, Süddeutsche, Taz…ach, kreuz lieber die auf der Liste an, auf die es nicht zutrifft, geht schneller! 😉
http://www.zeitungen.de/cgi-bin/deeplink.pl?home=/cgi-bin/listen/liste/pub?wr=3
Herrlich!
Grüße
Bernd
Etwas sehr ähnliches habe ich in diversen Ausßenpolitikredaktionen tatsächlich erlebt während meiner Lern- und Wanderjahre.
Möge der Blitz den Ressortleiter beim Scheissen treffen!!!
Allen Machern und Liebhabern dieses blogs ein gutes neues 2011.
Hab` Dank CC für Information, Anregung und viel Spaß,
Grüße,
lorenzo
OMG – das schlimme ist, es glaubt ja keiner, daß es genauso läuft. schön daß ihr nicht aufgebt. auf ein gutes neues!
Wenn Sie mal was sehen wollen, dass das da oben übertrifft, dann schauen Sie sich doch mal die folgende Reportagen von den Kollegen aus Österreich an.
http://www.krone.at/Nachrichten/Pandi_mit_Strache_in_Israel_Hier_ist_die_umstrittene_Doku-100_Stunden-Story-236594
Das Raketenmuseum in Sderot ist danach schnell als plumpe Propagnda zu durchschauen und gepanzerte Busse sind die Hardcore-Version der extremen Siedler.
Klasse!
Leider halte ich den genialen Artikel auch für ein Stück gefährlich, denn diesen täglichen medialen Wahnsinn als Satire aufzufassen, lullt die Leute noch weiter ein.
oh mann ist das genial
Super, einfach nur köstlich! Und das beste daran: Es ist keine Satire, das ist die Wirklichkeit, man muss sich nur WDDR5 einen Tag lang anhören.
Tag der offenen Tür bei der Jungen Welt?
Wenn es so in den Redaktionen der Mainstream-Medien zugehen würde, sollte das thematisiert werden. Broder und seine Achsen-Kollegen arbeiten doch in erster Linie für solche Medien: Spiegel, Taz, Stern, KstA, Welt und co…. – warum berichten sie nicht darüber, sollte es an ihrem Arbeitsplatz so zugehen?
@lindwurm: in welchen Redaktionen haben Sie solche Dinge erlebt? Können Sie Ross und Reiter benennen?
Mir gegenüber haben vor Jahren allein vier bekannte TV- und Printjournalisten, die aus und über Israel berichten, bestätigt, dass der Leitfaden für Nahostkorrespondenten genau ins Schwarze trifft. Ihre Namen nenne ich hier nicht, sie haben schon genug zu leiden.
Das ist keine Satire, sondern Realität.
Die Frage ist, was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Züchten rotgrünbraune Redaktionen den Antisemitismus/Antiamerikanismus im Land oder bedienen sie nur die Nachfrage der antisemitisch/antiamerikanischen Kundschaft nach solchen Meldungen?
Klasse, mehr davon, in Kommentaren verlinken und auf weitere Handouts eingehen. Zupft den Meinungsmachern weiter an der Maske.
Gute Idee, dass Sie jetzt anstelle Ihrer `Richtigstellungen‘
– beispielsweise über die ungemein wichtige Frage der
‚grünen Hügel‘ irgendwo in Israel – gleich selber erfinden
was irgendwo gesagt wurde oder gesagt worden sein
könnte oder Ihrer Meinung nach gesagt worden sein
könnte. Das wird es Ihnen sicher ermöglichen in
Dimensionen der Weinerlichkeit vorzustossen die noch nie
ein Mensch gesehen hat. Gut Heul fürs nächste Jahr!
mal angenommen, dieser Artikel berichtet aus der Wirklichkeit und mal angenommen, nicht nur aus der gestrigen, amerikanischen, dann verschwimmt der Unterschied zwischen Satire und Realem ins Unerkennbare.
Enjoy!
“J-School Confidential,” Michael Lewis’s perceptive and hilarious look inside Columbia University’s graduate program in journalism. At a time when our profession is reassessing its very purpose, it’s good to have a reminder of what journalism is—and isn’t.
http://www.tnr.com/article/j-school-confidential
super, sehr schön!
Nur: Wo sind die Eschenröders dieser Welt?
Na: In den Lokalteilen dieser Welt 😉
Noch eine reale Geschichte: Letztens hat die Badische Zeitung diesen Leserbrief veröffentlicht:
Pro-Israel-Bewegung in den USA
Gegen diese Lobby kann kein Präsident etwas tun
Herr Rogge verkennt den Einfluss der „Israel-Lobby“ auf die amerikanische Israel-Politik. Diese bewirkt seit Jahrzehnten, dass Israel einen Freibrief für seine Taten hat und dazu von den USA jährlich 4,5 Milliarden Dollar zur freien Verfügung erhält, also auch zum Siedlungsbau, dazu zwei Milliarden Dollar Spenden und militärische Ausrüstungen.
So ist zu verstehen, dass die USA immer ein Veto eingelegt haben, wenn Israel durch die UNO „bestraft“ werden sollte. Kein US-Präsident kann etwas tun gegen diese mächtige Israel-Lobby, die aus vielen sehr reichen jüdisch-amerikanischen Bürgern besteht und aus Gruppen, die kritische Stimmen mundtot machen. Dieser Freibrief bewirkt, dass Israel auch gegen amerikanische Interessen handeln kann und sich dennoch jeder Unterstützung sicher sein darf.
Nun hat die Siedlungspolitik das Westjordanland zerschnitten und ein zusammenhängender palästinischer Staat ist nicht mehr möglich. Israel will die ganze Westbank. Die Lebensbedingungen der Palästinenser interessieren orthodoxe Juden nicht.
22. Dezember 2010
von: Hans Nieleck, Bad Säckingen
http://www.badische-zeitung.de/meinung/leserbriefe/gegen-diese-lobby-kann-kein-praesident-etwas-tun
Nachdem ich die Redaktion darauf hingewiesen hatte, dass der Brief lt. EU-Arbeitsdefinition „Antisemitismus“ (http://www.european-forum-on-antisemitism.org/working-definition-of-antisemitism/deutsch-german/) antisemitische Züge enthält, wurde heute folgender Leserbrief veröffentlicht:
Pro-Israel-Bewegung
Hut ab vor dem Verfasser!
Den Leserbrief habe ich mit Erstaunen und Bewunderung gelesen. Mit Erstaunen deshalb, dass sich jemand traut, die Realitäten zu nennen. Mit Bewunderung, dass Sie den Mut hatten, denselben zu veröffentlichen. Hut ab vor dem Verfasser und Ihnen!
29. Dezember 2010
von: Eugen Maier, Rheinfelden
http://www.badische-zeitung.de/meinung/leserbriefe/hut-ab-vor-dem-verfasser
Im Gegensatz zu Briefen wie den o. g. werden Briefe der „Israel-Lobby“ in der Badischen Zeitung entweder gar nicht oder höchstens mit wochenlanger Zeitverzögerung veröffentlicht. Ist es nicht schön zu sehen, dass es wenigstens noch eine Zeitung hierzulande gibt, die nicht dem Diktat der „Israel-Lobby“ unterliegt sondern den Mut besitzt, antisemitischen Meinungen und deren Bewunderern Raum zu geben??!!??!!
Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, von denen Sie was verstehen.
als Ehrenrettung für Journalisten muß gesagt werden, daß ich auf einem Versicherungsvertreterschulungslehrgang mit der Bemerkung zurecht gewiesen wurde, daß zu viel Wissen beim Verkaufen hinderlich ist …
Journalisten verkaufen Weltsichten, selbst die ganz ganz Ehrlichen sind gezwungen zu wählen …
Außerdem so ein Besuch bei ner 100jährigen könnte eine hervorragende Gelegenheit sein, um unter dem Radar Israelfreundliches einzuschmuggeln.
Alles was es braucht ist a bisserl umgekehrte Phantasie.
Ich wünsche Herrn Eschenröder alles Gute …
Leider keine Satire – sondern durchaus realistisch.
Wenn sich dann noch der „Club der toten Seelen “ mit Schmidt, Gonzalez, Solana und Robinson zu Wort meldet mit ihrem Aufruf Israel wegen der sog. “ Siedlungspolitik “ zu bestrafen dann kann man verstehen, warum die oeffentliche Meinung in Deutschland die groesste Gefahr fuer den “ Weltfrieden “ ( wo ist der eigentlich bei den vielen Kriegen die z. Z. von den Muslims gefuehrt werden ? ) in Israel sieht.
Dagegen hebt sich Jose Maria Aznar mit seiner “ Friends of Israel “ Aktivitaet geradezu wohltuend ab.
Ich wuensche allen Lesern von Spirit of Entebbe einen guten Rutsch ins neue Jahr und hoffe, dass wir auch in 2011 weiterhin gemeinsam gegen diese nicht nur ignorante sondern durchaus boesartige Verfaelschung der Tatsachen angehen.
@ Lorenzo . . .
Falls Du der Lorenzo bist (von dem ich glaube daß er’s ist)
„Guten Rutsch in’s neue Jahr!“
und falls nicht – trotzdem alles Gute!
klasse!
@C. Casula
Ihr Verdacht, dass es in den Redaktionen der Massenmedien Leitfäden gäbe, die eine Anti-Israel-Berichterstattung anmahnen, bleibt leider nebulös. Sie schreiben hier eine fiktive Geschichte auf und lassen lose Puzzleteile von dem Kommentar-Mob zusammenfügen. „Rotgrünbraune Redaktionen“ hätten die deutsche Medienlandschaft fest im Griff, heißt es da. Beweise?? Ja, gibt es angeblich. Allerdings nur auf dem Niveau vom Hören-Sagen-Weitererzählen. Aufdecken möchte solche Skandale freilich niemand…
Wenn Sie, Herr Casula, den Redaktionen vorwerfen, dass sie unsauber oder sogar manipulativ arbeiten würden, muss dieser Vorwurf erst recht für diesen Beitrag gelten. Fragen Sie doch einfach mal bei der Achse-des-Guten nach. Dort arbeiten viele Mitglieder für Spiegel, TAZ, Welt, Stern etc. Die könnten es wissen und scheinen mir keine, die sich leicht mundtot machen lassen…
Und wenn es nur gewohnheitsmäßige political correctness wäre? Würde das irgendwas besser machen?
Tatsache ist, dass nach dem Muster meines vor Jahren erstellten Leitfadens noch immer 90 Prozent aller Beiträge zum Thema gestrickt sind. Daran können einzelne Freigeister nichts ändern. Der Fisch stinkt natürlich vom Kopf her, das Elend geht ja schon mit den Agenturmeldungen los. Selektive Bildauswahl, einschlägige Unterschriften, Themen, die gesetzt werden und von denen man nicht mehr lässt.
Warum wird denn nicht von der absoluten Kompromissunfähigkeit berichtet, welche die Fatah vor ein paar Wochen wieder so eindrucksvoll demonstriert hat? Und warum verbeißt man sich stattdessen in den Bau von Wohneinheiten in Gebieten, die am Ende ohnehin bei Israel verbleiben werden?
Das eigentlich Überraschende ist, dass, wie bei des Kaisers neuen Kleidern, diese ganze Tragikomödie allgemein hingenommen wird, ohne dass eine signifikante Anzahl von Leuten das Nötige dazu sagt. Das aber ist, neben anderem, Aufgabe von Selbstdenkern, also auch dieses Blogs.
Was die achgut-Autoren betrifft: Die könnten Ihnen eine ganze Menge erzählen, ob es Röhl vom stern ist oder Broder beim Spiegel (jetzt zum Glück nicht mehr). Wie gesagt: Einige Korrespondenten haben mir bestätigt, dass es tatsächlich nach dem von mir beschriebenen Muster läuft, flächendeckend und dauerhaft. Dies aufzubrechen, wird eine Weile dauern. Aber wir arbeiten mit daran, seien Sie dessen gewiss.
@citoyen
Informieren sie sich ein bissel… finden sie eine *einzige* Rakete von Hamas oder Hisbollah, über die einfach so berichtet wurde. Zeigen sie uns dieses Beispiel. Sie werden Schwierigkeiten haben, solange Israel nicht reagiert, ist es für deutsche Medien (und nicht nur für die) keine Nachricht. Auch zehn Raketen sind keine Nachricht, eine getroffene Schule, ein Einkaufszentrum – solange Israel stillhält. Reagiert Israel auf die vorhergegangene Gewalt… vielleicht. Manchmal werden sogar die vorangegangenen Angriffe vage erwähnt. Finden sie ein Gegenbeispiel und wir haben eine Gesprächsgrundlage. Ansonsten: schämen.
@citoyen
PS: Können sie sich auch nur gaaaanz vage an eine Richtigstellung seitens des „Qualitätsjournalismus“ bezüglich des „Massakers von Jenin“ erinnern? Irgendetwas zu Al Dura? Wurde mit etwas größeren Buchstaben darauf hingewiesen, daß Hamas-Ofizielle die israelischen Opferzahlen bzgl. „cast lead“ bestätigten und damit Goldstone widerlegten? Wo ist die Headline? Wo?
Ich muss leider aus eigener Erfahrung berichten, dass es so ähnlich tatsächlich in den Medien abläuft. „Ähnlich“ schreibe ich, weil es in der Realität natürlich viel subtiler vor sich geht.
Die 68er an den Hebeln haben eben auch eine Menge Zuckerbrot zu verteilen für diejenigen, die schnell genug kapieren – und irgendwann möchte jeder Jungredakteur auch mal eine Familie ernähren können. Oder aber er arbeitet als einer unter vielen im riesigen Heer der „Freien Mitarbeiter“ und dann wird ihm eben auch nur das abgekauft, was bestellt wurde…
Ich selbst bin freiwillig zum Wirtschaftsjournalismus gewechselt, weil ich zu häufig angeeckt bin und sich irgendwann die Frage ergab, wieviele Jahre ich noch hinter der Karriere- und Einkommensentwicklung meiner Freunde hinterherhinken wollte. Man verbrennt Jahr um Jahr, das man weder bei der Familienplanung, noch bei der eigenen Rentenhöhe nachholen kann…
Mut von einem Jungjournalisten zu fordern, ist sehr leicht, wenn man selbst nicht in den Medien arbeitet. Wer klug ist, wechselt in die Unternehmens-PR und bloggt ein bisschen anonym nebenher. Denn niemand bezahlt uns für unsere Ansichten.
[…] Neulich in der Redaktion 11.40 Uhr „Was ist das denn?!“ Ungläubig starrte der Ressortleiter Ausland auf den Bildschirm des jungen […] […]
OT: Mag jemand den guten Herrn Wiefelspütz, der sich ja sooo gegen Selektion (Profiling an Flughäfen) ausspricht, mal darauf hinweisen, dass es an den Rampen von Auschwitz nie um rassische Einteilungen gegangen ist, sondern rein um die Arbeitsfähigkeit? Die Erfassung von Juden erfolgte vor dem Transport. Macht die Sache nicht eigentlich besser. Wiefelspütziaden sind allerdings genau deswegen noch ekelerregender.
Klasse geschrieben! Gruesse aus Polen!
Obwohl die ganze Geschichte eine Satire ist, habe ich jetzt einen dicken Hals! Da ist soviel Wahres beschrieben. Bei fast allen Meldungen aus Israel bekommt man erst den wahren Hintergrund, wenn man die Schlagzeile umdreht. Traurig, aber so berichten fast alle Medien seit Jahren.
Margot
Genauso läuft das in den Medien.
[…] man lachen oder weinen? In „Neulich in der Redaktion“ hat Spirit of Entebbe (fiktiv) das Leben eines Praktikanten in einer MSM-Redaktion […]
So, wie beschrieben, stellt sich auch der selbstdenkende Laie den heutigen Medienbetrieb vor.
Man glaubt wirklich, das Werbeeinnahmen nur durch Schleimjournalismus zu generieren sind. Denn letztlich geht es immer nur ums Geld!
Dem Mammon wird die Wahrheit geopfert.
Natürlich kann man von jungen, noch unerfahrenen Reportern keine Revolution in der Medienwelt erwarten!
ÄÄHMM……! Aber von wem denn sonst?!?!?
Wenn ein junger Journalist nicht bereit ist, sich den Missständen in dieser Welt entgegen zu stellen, dann hat er einen falschen Beruf gewählt!
Dann soll er sich als Moderator im Frühstücksfernsehen der ARD/ZDF- Clowns bewerben. Da kann er sich den Weg zur Anstellung als Regierungssprecher ebnen.
Aber was ist das für ein jämmerliches Schicksal!!!
Es werden händeringend devote Ingenieure und schweigende Techniker gesucht. Dort wäre der richtige Tätigkeitsschwerpunkt für ängstliche Möchtegernjournalisten!!
Auch die politischen Parteien sind angefüllt mit opportunistischen Zeitgenossen. Dort können sich im Rückgrat etwas weiche Journalisten unauffällig integrieren!
Ansonsten ein fröhliches und gesundes Neues Jahr !!!!!
@Alle: Wir brauchen mehr Sarrazins und Steinhöfels in
unserem Land!!
Wieso habe ich bloß das Gefühl, dass der Dialog Ressortleiter / Praktikant nicht einfach nur frei erfunden ist?
Genauso scheint tatsächlich heutzutage Journalismus zu tatsächlich zu funktionieren….
Super.
Das einzig unrealistische dabei ist, dass es diesen Praktikanten nicht gibt. In Schule, Medien, Studium, Umfeld längst gehirngewaschen, wird er gar nicht bemerken, wie die Realität ist und seinem Chef schon von sich aus eitel Freude machen.
[…] wissen will, wie das praktisch vor sich geht, dem sei diese zeitlose Satire von Spirit of Entebbe empfohlen, besonders weil die Realität wieder zuschlug, in Form von tagelangem Raketenbeschuss […]
[…] wissen will, wie das praktisch vor sich geht, dem sei diese zeitlose Satire von Spirit of Entebbe empfohlen, besonders weil die Realität wieder zuschlug, in Form von tagelangem Raketenbeschuss […]
[…] in der Redaktion nannte Claudio Casula seine schon im Dezember 2010 geschriebene bittere Satire über die Routine des deutschen Journalismus im Umgang mit Nahostthemen. Sie ist zeitlos und das […]
[…] Neulich in der Redaktion nannte Claudio Casula seine schon im Dezember 2010 geschriebene bittere Satire über den Alltag des deutschen Journalismus im Umgang mit Nahostthemen. Sie ist zeitlos und das Schlimmste an ihr ist, dass sie nicht einmal satirisch wirkt. Es ist die schlichte fiktive Beschreibung der Wirklichkeit mit dem einzig Unrealistischen dabei, dass es einen solchen Praktikanten, wie er dort Protagonist ist, nie geben würde. In Schule, Medien, Studium, Umfeld längst gehirngewaschen, würde er gar nicht bemerken, wie die Wahrheit ist und seinem Chef schon von sich aus eitel Freude machen. Seit dem Wochenende bis zum gestrigen Mittwoch aber haben die deutschen Medien in einer schon verblüffenden Offenheit Casulas Darstellung für jeden sichtbar mit atemberaubender Dreistigkeit übertroffen. […]