Persistenter deutscher Wahn

Viel gäbe es dieser Tage zu schreiben, an denen sich der deutsche Wahn neuerlich manifestiert.

In Japan wird ein atomarer „Super-GAU“ herbeigesehnt, der sich aller medialer Anstrengung zum Trotz einfach nicht einstellen will – Deutsche geraten dennoch in Panik und verfallen in politischen Aktionismus.

In Libyen droht Staatschef Gaddafi seine Widersacher wie „Ratten“ und „Kakerlaken“ zu töten. Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung unterstützen einen Militäreinsatz zum Schutz von Zivilisten, lehnen aber eine deutsche Beteiligung ab. Andere sollen also die Drecksarbeit machen und sich dann dafür beschimpfen lassen (Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf erklärt, warum dem so ist).

Angesichts der Ereignisse in Japan und Libyen war die deutsche Obsession – Israel – für einige wenige Tage tatsächlich einmal in den Hintergrund geraten. Fast hätte man sich darüber freuen können, legte es doch den vermeintlichen Schluss nahe, der deutsche Hass auf die Juden sei womöglich doch geringer als die deutsche Angst vor dem Tod durch Strahlen.

Am 11. März drangen ein oder zwei Terroristen in das Haus der jüdisch-israelischen Familie Fogel in Itamar ein, erstachen erst Vater und Mutter und anschließend drei Kinder im Alter von 11 Jahren, 4 Jahren und 3 Monaten. Über diesen Akt der Barbarei wurde in deutschen Medien kaum berichtet. Noch weniger wurde über die antisemitische Hetze gesprochen, die selbst bei vermeintlich „moderaten“ Palästinensern gang und gäbe ist – und die durch die europäische (und zunehmend leider auch amerikanische) Delegitimierung Israels weiter genährt wird.

Eine Ausnahme stellt Jörg Lau dar, der auf seinem ZEIT-Blog neben viel Richtigem das Folgende schreibt:

Wegen anderer Nachrichten wird [die] Tat nicht genügend wahrgenommen, die womöglich gravierende Folgen haben wird.

Nichts spricht jedoch dafür, dass deutsche Medien unter anderen Umständen angemessen über das Massaker von Itamar berichtet hätten. Dies zeigen auch die Ereignisse der nachfolgenden Tage.

Während Menschen in zahlreichen arabischen Ländern gegen autoritäre Regime auf die Straße gehen – und dafür etwa in Syrien zu Hunderten ermordet werden – verstärken palästinensische Terroristen ihre Angriffe auf die israelische Bevölkerung. Ruth und Lila, zwei in Israel lebende Bloggerinnen, berichten, was dies für die Menschen vor Ort bedeutet: unter anderem „raketenfrei“ für Schulkinder.

Deutsche Medien und Politiker ignorieren die Angriffe auf Israel derweil, so weit es geht. Das Attentat auf einen Jerusalemer Busbahnhof, bei dem eine Frau getötet und Dutzende Menschen verletzt wurden, konnte freilich nicht mehr vollends ignoriert werden – auch wenn das angesichts der Art der Berichterstattung beinahe wünschenswert erscheint.

Denn die Medien bemühen sich den Anschlag zu rationalisieren und zu rechtfertigen indem sie einen – obendrein auch noch falschen – Zusammenhang zu jüdischen „Siedlungen“ herstellen. Auch sonst ist alles wie immer: Sobald Israel zurückschlägt und sich gegen den Terror wehrt, wird in gewohnter Manier von der „Gewaltspirale“ gesprochen. Derweil mahnen ausgerechnet  jene Länder Israel zur „Zurückhaltung“, die zur Verteidigung libyscher Zivilisten bomben.

Der Berliner Tagesspiegel druckt unterdessen einen Appell von Melody Sucharewicz, in dem die Autorin die Deutschen bittet, „endlich auch einen konstruktiven Beitrag für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu leisten, statt die Wahrheit zu verzerren.“ Die Redaktion hat den Beitrag unter der Rubrik „Andere Meinung“ veröffentlicht.