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« Überraschung: SZ basht Romney!
Grabschändung »

Lieber SPIEGEL,

Juli 31, 2012 von Claudio Casula

es war abzusehen, dass der republikanische US-Präsidentschaftskandidat dein Wohlwollen nicht würde erlangen können. Anmaßend, ahnungslos, unfähig, peinlich patzend – mit welchen pejorativen Attributen auch immer du Mitt Romney noch zu bedenken trachtest, du kannst aus einem unermesslich reichhaltigen Fundus schöpfen, und du nutzt wirklich jede Gelegenheit, in deiner Online-Version gern auch mehrmals am Tag.

Allein: Was dir zum Anlass reicht, ist mitunter schon verstörend. Nehmen wir einmal das Romney-Interview, in dem du eine “Brüskierung” des Olympia-Ausrichters erkannt haben willst. Der Politiker wurde auf die Sicherheit der Spiele angesprochen, und du schriebst darüber:

Da könnte Romney jetzt sagen, dass es sich richtig prima anfühle in der tollen Stadt mit ihren tollen Menschen und all der tollen Geschichte drumherum.

Aber er vergeigt es wieder einmal:

Also dübelt Romney los: Nun ja, sagt er, man wisse nie, wie gut das alles am Ende laufen werde. Es gebe da ja „ein paar verwirrende Dinge“, etwa die Sache mit der privaten Sicherheitsfirma, die zu wenig Leute zum Schutz der Spiele habe; oder der mögliche Streik des Personals beim Zoll und der Passkontrolle.

Mit Verlaub, in der Sache lag Romney damit zweifellos richtig. Oder wäre es dir lieber gewesen, er hätte ein paar Plattitüden wie die von dir vorgeschlagenen vom Stapel gelassen? Wie hättest du, der du dir doch so viel auf deine stets kritische Haltung zugute hältst, diese wohl kommentiert? Und hast du im übrigen nicht selbst noch Tage vor der Eröffnungsfeier von “Pannen” und “mangelnder Sicherheit” und einem “Planungsfiasko” gesprochen?

Wie kannst du die Briten nur so vor den Kopf stoßen. Wundere dich nicht, wenn die “Sun” demnächst zurückschießt.

Und als ob das alles noch nicht genug ist, nimmt sich Romney auch noch die Bevölkerung vor. Die Menschen nämlich seien wichtig für erfolgreiche Spiele: „Kommen sie zusammen und feiern den olympischen Moment? Das werden wir erst rausfinden können, wenn die Spiele tatsächlich starten.“

Was ist daran verkehrt? Heute war in der WELT zu lesen, dass britische Soldaten die leeren Ränge aufzufüllen haben, also war das vorsichtige Statement Romneys durchaus angebracht. Für dich selbstredend nicht; Romney zeigt damit, so meinst du, “wenig außenpolitisches Gespür”, also gehen wir im Umkehrschluss davon aus, dass du für unreflektierte Schleimerei plädierst. Oder wie wäre dein Verdikt ausgefallen, hätte nicht Romney sondern Obama sich der Absonderung leerer Worthülsen verweigert?

Dann reiste Romney nach Israel weiter, “dessen Hauptstadt er kurzerhand nach Jerusalem verlegte”, wie du uns wissen lässt. Aber du irrst, denn Jerusalem ist tatsächlich die Hauptstadt Israels; die Regierung, das Parlament, der Staatspräsident, der Oberste Gerichtshof, fast alle Ministerien etc. etc. – all diese Institutionen sind in Jerusalem ansässig, du kannst dich jederzeit davon überzeugen. Auf einem anderen Blatt steht, ob dir das gefällt oder nicht. Gut, es gefällt dir nicht, aber weißt du was? Nur weil es dir und dem überwiegenden Teil deiner Leserschaft nicht gefällt, kannst du nicht kurzerhand die Hauptstadt nach Tel Aviv verlegen, so sieht’s aus. Es wurmt dich, das merkt man dir an, dass die Juden in ihrem Staat souverän sind, so wie es schon deinen Übervater gewurmt hat, aber du kannst nichts daran ändern. So wie du im übrigen auch nicht darüber zu befinden hast, wie fähig Mitt Romney zur Präsidentschaft ist und ob er ins Weiße Haus einziehen wird, denn darüber entscheiden allein die amerikanischen Wähler, und für die ist es vollkommen ohne Belang, wie ein paar rot-grün gewirkte Journalisten an der Elbe über die Weltläufte denken.

Du nimmst dich zu wichtig, wie so oft. Die Wahrheit ist: Niemand zittert vor dir, nur weil du auf die Kacke haust, schon gar nicht die US-Republikaner, da kannst du noch so schrill über den großen Teich kläffen. Oder kläffst du doch eher für dein ureigenes Publikum, dessen beschränkter Blick auf Amerika sich schon nach oberflächlicher Lektüre der Kommentarspalten aufs Peinlichste offenbart? Ist es das, was dich antreibt – die billigen Ressentiments von Usern wie “chrimirk”, “superbiti” und “zompel” zu bedienen? Deine Print-Auflage sinkt ja stetig, und da hast du dich vielleicht an die alte Weisheit erinnert, dass sich umso lauter auf dem Fass trommeln lässt, je leerer es ist. In dieser Disziplin immerhin hast du es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht. Aber der Rest der Welt macht einfach weiter. Du glaubst ja gar nicht, wie beruhigend das ist.

 

Update: Die Behauptung, Romney habe die Hauptstadt kurzerhand nach Jerusalem verlegt, wurde inzwischen aus dem Artikel entfernt. Geht doch.

 

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