In einem Gastbeitrag für die FAZ plädieren Sie dafür, dass die Bundesregierung den Antrag der Palästinensischen Autonomiebehörde unterstützt, von der UN-Generalversammlung als Staat mit Beobachterstatus anerkannt zu werden.
„Im Interesse Israels Palästina stärken“ – das könnte nur gelingen, wenn diesem „Staat Palästina“ daran gelegen wäre, mit Israel zu einem friedlichen Ausgleich zu kommen. Dies aber ist mitnichten der Fall. Dass Sie sich auf Avi Primor berufen, der das erzählt, was Sie hören wollen, fällt nicht wirklich ins Gewicht, weil dieser Darling der deutschen Medien nicht die Mehrheitsmeinung der Israelis zur Palästinafrage vertritt. Vielleicht sollten Sie einmal jemandem aus jenem Lager zuhören, das aus guten – beziehungsweise tragischen – Gründen längst die Hoffnung aufgegeben hat, mit der Fatah ein tragfähiges Abkommen schließen zu können. Kein Wunder, für die Aufgabe von Gebieten hat Israel bis heute nur Selbstmordattentate und Raketen bekommen.
Sie geben vor, einen „wirklichen Friedensprozess“ zu unterstützen, „der die gesamte palästinensische Bevölkerung umschließt“. Wie aber soll das funktionieren, wo doch 1,5 Millionen Palästinenser in Gaza von der terroristischen Hamas beherrscht werden? Und was veranlasst Sie zu der Annahme, dass Mahmoud Abbas „gestärkt werden“ sollte, wo dieser Mann seit Jahren Verhandlungen mit der israelischen Regierung boykottiert? Hinzu kommt, dass Abbas – der im übrigen die letzten, auch schon mehr als sechs Jahre zurückliegenden Wahlen gegen die Hamas verloren hat und dennoch weiterregiert, als wäre nichts geschehen, also als Vertreter der Palästinenser gar nicht legitimiert ist – keine Gelegenheit verstreichen lässt, den Staat Israel anzuschwärzen, ihm „Massaker“ und ähnliches vorzuwerfen.
Der Mann, den Sie gestärkt sehen wollen, hat die Palästinenser dazu aufgerufen, die Waffen statt aufeinander auf die „israelische Besatzung“ zu richten. Hat den Hamas-Gründer Scheich Yassin als „Märtyrer“ gelobt und Verse aus dem Koran zitiert, in dem Juden als „Weltverderber“ bezeichnet werden. Hat den nach der Entführung Gilad Shalits freigepressten verurteilten Mördern in Ramallah einen festlichen Empfang bereitet, der Anerkennung Israels als jüdischer Staat eine kategorische Absage erteilt und bekräftigt, in einem Staat Palästina keinen einzigen Juden dulden zu wollen – dies zuletzt vor knapp zwei Jahren. Hat die jüdische Verbindung zum Land Israel geleugnet. Hat Ala’a Abu-Dahem, der acht Jeshiwa-Studenten ermordet hatte, und Mohammed Oudeh, der hinter dem Olympia-Massaker von 1972 steckte, und den Hisbollah-Terroristen Imad Mughniyeh als „außergewöhnliche Helden“ und Männer gefeiert, deren „Kampf und Opfer“ beispielhaft seien. Und hat, von der westlichen Presse entweder unbemerkt oder bewusst ignoriert, der jordanischen Tageszeitung Al-Dustour gesagt, gegenwärtig sei er gegen den „bewaffneten Kampf“, weil die Palästinenser nicht stark genug seien, zu einem späteren Zeitpunkt könne sich das aber ändern.
Und diesen Herrn wollen Sie stärken? Nun ja, da Sie einer Partei angehören, die erst kürzlich bekräftigt hat, eine „strategische Partnerschaft“ mit der Fatah zu unterhalten, mag das so sein. Aber erwarten Sie bitte nicht, dass Menschen, die sich ein bisschen auskennen, Ihnen abkaufen, dass eine Stärkung „Palästinas“ (also der Fatah von Abbas) im Interesse Israels läge. Dort hat man für solch naive Einstellungen nur noch ein bitteres Lächeln übrig, bestenfalls.
Es sollte Ihnen eigentlich zu denken geben, dass vor einigen Tagen Hamas-Chef Khaled Maschaal listig zu Protokoll gegeben hat, auch er würde sich erst einmal mit Gaza, Westbank und Jerusalem zufrieden geben – was das Verhältnis zu Israel beträfe, könne man aber erst danach klären.
Was das bedeutet, dessen ist man sich in Israel, anders als im Willy-Brandt-Haus, bewusst: Krieg. Und noch einer, und noch einer – jedes Mal mit einer für Israel schlechteren Ausgangsposition. Schauen Sie auf die Landkarte, vergegenwärtigen Sie sich die Israel-(und Juden-)Feindlichkeit in der arabischen Welt im allgemeinen und den abgrundtiefen Hass der islamischen Fundamentalisten im besonderen; sehen Sie sich an, wie bereits heute die israelische Bevölkerung im Schatten zehntausender Raketen etwa der Hisbollah lebt. An Israels Grenzen braut sich eine radikale islamistische Ablehnungsfront zusammen, selbst die beiden Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien können jederzeit aufgekündigt werden. Und Mahmoud Abbas schickt sich an, am 65. Jahrestag der Ablehnung des UN-Teilungsplans durch die Araber die Osloer Abkommen endgültig zu beerdigen. Und Sie, Frau Wieczorek-Zeul, schippen noch ein bisschen Sand dazu.
So wird es nicht funktionieren. Palästinensische Eigenstaatlichkeit ist ohne eine Anerkennung Israels nicht zu haben, darauf beharrt Barack Obamas Administration ebenso wie Frau Merkel, und das ist keine „Einseitigkeit“, wie Sie das zu bezeichnen belieben, sondern das berechtigte Pochen auf Einhaltung unterschriebener Abkommen, also eine Selbstverständlichkeit – es sei denn, man ist an einem Nahostfrieden eben nicht interessiert.
Wenn Sie den Palästinensern (und den Israelis) etwas Gutes tun wollen, dann sagen Sie ihnen, dass Deutschland darauf besteht, dass das Prinzip „Land für Frieden“ eingehalten wird. Dies beinhaltet für die palästinensische Seite eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat, die Einstellung der antiisraelischen und antijüdischen Agitation in palästinensischen Medien (keine schlechte Idee nach 20 Jahren „Friedensprozess“), die Wiederaufnahme von Verhandlungen, der Verzicht auf ein unrealistisches „Rückkehrrecht“ (= endgültige Vereitelung der Zweistaatenlösung mit demographischen Mitteln) und die Vorbereitung der palästinensischen Bevölkerung auf notwendige territoriale Kompromisse. Ach ja: Wahlen wären auch keine schlechte Idee. Nur diesmal idealerweise mit demokratischen Parteien.
Bis dahin überlassen Sie es bitte den Israelis selbst, zu entscheiden, was in ihrem Interesse liegt.