Wenn es Juden an den Kragen geht, davon sind die meisten Deutschen überzeugt, sind sie selbst dafür verantwortlich. Konnte es schon nur deshalb zur Shoa kommen, weil es dem Internationalen Judentum gelang, „die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen“, wie der Gröfaz Anfang 1939 schon mal vorbeugend klarstellte, sind es heute die Israelis, die den unbändigen Judenhass in der Region selbst heraufbeschworen haben.
Schießt der Irak Saddam Husseins im Jahr 1991 Dutzende Scud-Raketen auf Großstädte im nicht am Krieg beteiligten Israel ab, weshalb Millionen Israelis mit Gasmasken in abgedichteten Zimmern auf den nächsten Einschlag warten müssen, erklärt der Grüne Christian Ströbele, dies sei nur „die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik den Palästinensern und den arabischen Staaten gegenüber“. Feuern im Jahr 1996 palästinensische Polizisten auf ihre israelischen Friedenspartner, ist Netanyahu schuld, der die Öffnung eines archäologischen Tunnels in Jerusalem genehmigt hat. Tritt Yassir Arafat im Herbst 2000 eine beispiellose Terrorwelle gegen israelische Zivilisten los, die Tausende das Leben kostet, geht das auf die Kappe des Oppositionspolitikers Sharon, der sich 20 Minuten auf dem Tempelberg aufgehalten hat.
Werden im Juni 2014 drei israelische Jugendliche von Palästinensern verschleppt, dichten mehrere deutsche Zeitungen den Opfern an, „Siedler“ und damit gewissermaßen illegale Besatzer zu sein, die ihr Los wohl reichlich verdient haben. Den vorläufigen Höhepunkt der „Die Juden sind an ihrem Schicksal selber schuld“-Kampagne liefert heute Abend die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Das Qualitätsmedium aus München, das jeden jugendlichen palästinensischen Brandsatzwerfer, der bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften erschossen wird, als mutmaßlich kaltblütig getöteten Jugendlichen darstellt, was die Kommentatorenmeute in „Kindermörder Israel“-Phantasien schwelgen lässt, schafft es tatsächlich, selbst einem 13-Jährigen, der auf dem Golan bei einem von Syrien aus organisierten Anschlag durch einen Sprengsatz ums Leben kommt, mittels kaltblütiger Wortwahl die Schuld für seine Ermordung zuzuschieben:
Auf den Golanhöhen ist erstmals seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs ein Israeli getötet worden. (…) Was er in dem gefährlichen Gebiet zu suchen hatte, ist unklar.
Klar ist hingegen, dass es sich bei der Süddeutschen Zeitung um ein Medium handelt, das fortgesetzt und absichtsvoll jede wahrhaftige und faire Berichterstattung fahren lässt, wenn es um Israel geht; dass es selbst die Würde eines getöteten Kindes mit Füßen tritt, wenn es Israeli ist (bittere Ironie am Rande: das Opfer hieß Muhammad Karaka, war arabischer Herkunft und wohnte in Untergaliläa) und dass nicht einmal dem hässlichsten toten Aal zugemutet werden kann, in dieses Drecksblatt eingewickelt zu werden.