Sieben Tage am (Nieder-)Rhein geben Antike- und Mittelalterfans reichlich Gelegenheit, ihr Steckenpferdchen zu reiten. Nachfolgend ein paar Impressionen, verbunden mit der Empfehlung, auch mal den tiefen Westen zu bereisen.
Im Jahr 9 n. Chr. wurden drei römische Legionen im Teutoburger Wald vernichtet. Bei Bramsche/Kalkriese nahe Osnabrück, dem mutmaßlichen Schauplatz der Schlacht, gibts ein Museum, das auf dem Weg zum Niederrhein eine Stippvisite lohnt.
Der Eisenbau ist Geschmackssache, die Filmvorführung absolut verzichtbar, da im Stil eines „kleinen Fernsehspiels“ gedreht: seltsame Kameraführung, unverständliche Mono- und Dialoge, ein einziges großes Fragezeichen mit albanischen Untertiteln.
Mangels echter Knüller unter den Ausstellungsstücken (Highlight: eine römische Reitermaske) macht man hier auf übertrieben künstlerisch. Etwa draußen, wo in Anlehnung an römische Feldzeichen politisch korrekte „Friedenszeichen“ herumstehen.
Im Gelände um den Eisenbau herum lässt sich auf einem „Weg der Römer“ entlangwandern, was in etwa so spannend ist wie es dieses Bild nahelegt.
Wer ein Faible fürs Alte Rom hat sowie zwei Tage Zeit, sollte sich einmal in die niederrheinische Steppe bemühen, um den Archäologischen Park in Xanten zu besuchen. Auch für Familien sehr zu empfehlen.
Rekonstruktionen (hier: Stadtmauer mit Tor), u.a. des Amphitheaters, vermitteln einen guten Eindruck von der Colonia Ulpia Traiana aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert.
Da hat wohl der Bausparvertrag nicht ganz gereicht.
Die Römische Herberge mit Taverne. Hier sind altrömische Zimmer zu sehen, und hier kann man auch altrömisch essen. Allerdings ohne Beigabe des damals allgegenwärtigen Garum, das Maggi der Antike, eine würzige Sauce aus vergorenen Fischinnereien, mit der man im Alten Rom jede Speise zu würzen pflegte.
Als zweitgrößte Colonia (nach dem heutigen Köln) nördlich der Alpen war die Stadt von mehr als 10.000 Menschen bevölkert. Alles über antike römische Kultur und das Militär erfährt man im APX-Museum. (Sonderausstellung noch bis Februar 2012: „Gefährliches Pflaster. Kriminalität im Römischen Reich“)
Ein mehrstündiger Aufenthalt, der unbedingt einzuplanen ist, vergeht wie im Fluge. Selbst Kinder langweilen sich dort weniger als bei einer Veranstaltung der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden“.
Apropos: Im Ort scheint gerade eine im Gange zu sein.
Zwei Deppenleerzeichen und eine offenbar neue Münze
Der Clou: Der Reisende hat die Möglichkeit, im Klever Tor zu logieren, einem Stadttor aus dem Jahr 1400.
Ausblick aus der dritten Etage (Lohn für die Bewältigung von 64 Stufen der Wendeltreppe im engen, muffigen Turm) auf den Dom St. Viktor.
Kalvarienberg am Dom
Dass der mythische Drachentöter Siegfried der Sage nach aus Xanten stammt, schlachtet man dort natürlich aus – u.a. wird dieses Bauwerk Kriemhildmühle genannt.
Die ist im wesentlichen ein Mekka für Körnerfreunde. Ein Relief erinnert u.a. an den Zickenkrieg von Kriemhild und Brunhild.
Auch das Museum Nibelungen(h)ort, das den Mythos und seine mediale Rezeption zum Thema hat, ist hübsch. Damit sind die Sehenswürdigkeiten der kleinen Stadt mit den freundlichen Bewohnern aber auch schon aufgezählt.
Auf dem Weg nach Aachen lohnt ein Abstecher zur Macht vom Niederrhein.
Hier werden (Stand heute) im nächsten Jahr Champions-League-Spiele ausgetragen.
Der schickste Bolide zwischen Moers und Würselen!
Der Dom in Aachen. Man lasse sich von einem Guide die Anekdote mit dem verlorenen Daumen des Teufels erzählen. Originell, wenn auch leider historisch nicht haltbar, ganz so wie Shlomo Sands „Erfindung des jüdischen Volkes“.
Der Dom ist natürlich die erste Adresse der Stadt, noch vor dem Sauerbratenpalast und dem Tivoli.
Aachen City. Dieser Truck verbirgt die dahinter wartende Meute halbwüchsiger überdurchschnittlich Unbegabter, die in Riechweite des Auspuffs noch hoffnungsfroh vor sich hinsummen.
Der Dom zu Köln. Seine Entstehung war, wie der Bau der Hamburger Elbphilharmonie, eine unendliche Geschichte – aber das Resultat ist noch heute beeindruckend. Für das Fundament wurde übrigens ebenso viel Material verbaut wie über der Erde zu sehen ist.
Besuchern der Domstadt zu empfehlen: ein Abstieg in die Unterwelt, inklusive Besichtigung der Ausgrabungen am ehemaligen Prätorium der Colonia Claudia Ara Agrippinensium und der Cloaca maxima, dem Palästina-Portal des Altertums.
Was ein Eiterpickel für das Gesicht einer schönen Frau darstellt, das ist die „Klagemauer“ für den Dom. An diesem schönen Tag ist die Kathedrale samt Vorplatz einmal nicht entstellt. Herrlich ohne Herrmann!