Versuch eines Psychogramms
Gastbeitrag von Caledooper.
Einleitung
Jeder kennt ihn. Vielleicht nur durch zufällige Begegnungen, etwa nach dem Aufschlagen der Tageszeitung seines Vertrauens, dem Belauschen des Nachbartisches im Café oder dem neugierigen Blick in Online-Diskussionsforen. Unter Umständen hatte man sogar das zweifelhafte Vergnügen, in eine direkte Auseinandersetzung mit ihm geraten zu sein. Die Chancen stehen rein statistisch gesehen sogar gut, dass man er selbst ist. Die Rede ist vom – Israelkritiker.
Was rechtfertigt den Versuch gerade ihm eine nähere Analyse zu widmen?Im Prinzip wäre Israelkritik bloß eine Facette einer unbegrenzten Anzahl an möglichen politischen Standpunkten. Sie müsste auf gleicher Ebene mit Tibet-Unterstützung, Kosovo-Verurteilung, Venezuala-Skepsis, Kuba-Sympathie und Russland-Belehrung stehen. Sowohl quantitativ, also in Porportion zu allen anderen aktuellen weltpolitischen Angelegenheiten, als auch qualitativ, also etwa hinsichtlich Konsequenz, Beharrlichkeit und Ausdrucksform. In beiden Kategorien fällt Israelkritik aber deutlich aus dem Rahmen. Es ist gerade diese Unverhältnismäßigkeit, die den Israelkritiker auszeichnet und von allen anderen Leuten abhebt, die sich sonst politisch betätigen und/oder entsprechend äußern.
Der Leser ist angehalten, einen Selbstversuch zu starten: Man pflücke sich ein beliebiges Online-Portal (ganz gleich ob es von vornherein politisch ausgerichtet ist oder ob es ein Sammelbecken für Hobbyköche oder Dackelfreunde ist) und platziere dort einen Diskussionsbeitrag zum Thema „Nahostkonflikt“. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich die überwiegende Mehrheit der Leser zum Thema äußern, und zwar in einer Art und Weise, die bei allen sonstigen (zumindest außen-)politischen Debatten unvorstellbar wäre. Die Penetranz, der Drang, seine Meinung einem breiten Publikum zugänglich zu machen, und die schier verblüffende Bereitschaft, Gesagtes ein ums andere Mal zu wiederholen, ist in dieser Form in keiner anderen gleichartigen Debatte gegeben.
Das geht regelmäßig so weit, dass vermeintlich „artverwandte“ Diskussionen letzten Endes von Israelkritikern gekapert werden. Man kann die Augen schließen und bis zehn zählen – und wenn man sie öffnet, ist wieder ein Meinungsaustausch zu den Themen Irak oder Pakistan oder US-Wahlkampf oder Restitutionszahlungen an Nachkommen von Shoah-Überlebenden entgleist und mitten in Ramallah gelandet.Der homo israelus criticus ist also – entgegen seines eigenen Selbstverständnisses (Tabubrecher, allein auf weiter Flur, stets verfolgt, am Rande des Erlaubten) – eine weit verbreitete Ausprägung der menschlichen Spezies. Er schillert zwar in verschiedenen Farben, die es näher zu untersuchen gilt. Trotzdem ist allen Variationen ein gewisser „Grundstock“ gemein.
-
Der Israelkritiker ist routiniert. Durch regelmäßiges Abspulen immer gleicher Aussagen ist er geeicht und tritt entsprechend selbstbewusst auf. Zögerlichkeit, die Leute an den Tag legen, die sich zu „exotischen“ Themen wie dem Balkan oder Tschetschenien äußen, ist ihm fremd. Das Eingeständnis mangelnder Sachkenntnisse wird man ihm niemals entlocken, denn offensichtliche Wissenlücken werden elegant übersprungen oder durch Vereinfachung des Sachverhalts zugestopft. Was nicht passt, wird passend gemacht.
-
Der Israelkritiker „kritisiert“. „Kritik“ ist Dreh-und Angelpunkt, Daseinsberechtigung und wesentlicher Wesenszug des Israelkritikers. Das ist insofern bedeutsam, als er sich dadurch scharf von jenen abgrenzt, die ernsthaft diskutieren (wollen), sprich an einem Dialog mit Andersdenkenden interessiert sind. Die Beiträge des Israelkritikers sind Monologe, keine Einladungen auf das Gesagte einzugehen. Die „Kritik“ auch keine der konstruktiven Art, kein „Feedback“, sondern ein Attackieren um des Attackierens willen. Konsequenterweise fordert der Israelkritiker auf und schlägt nie vor.
-
Der Israelkritiker „kritisiert“ bloß. Um das oben Geschilderte von sich zu weisen, pocht der Israelkritiker, wie kein anderer politischer Kommentator, darauf, bloß „legitime Kritik“ zu üben. Gerade im deutschsprachigen Raum wirde diese Attitüde makaber als „Freundschaftsdienst“ an den Staate Israel verkauft. Diesen Schutzmantel zieht sich der Israelkritiker selbst dann an, wenn es keine anderslautenden Vorwürfe regnet. Präventiv stellt er klar, dass das, was nun folge, das grüne Licht des Rechtsinstitutes der freien Meinungsäußerung genieße. Damit wird der Boden für jedes noch so vernichtende, einseitige Bashing geebnet, die Freifahrkarte in die antiisraelische und antisemitische Geisterbahn gelöst.
-
Der Israelkritiker fühlt sich allein. Er glaubt oder gibt zumindest vor zu glauben, allein auf weiter Flur „Tabus“ zu brechen. Dieser Glaube kann angesichts der oben geschilderten Omnipräsenz seiner Widergänger Symptom fortgeschrittenen Realitätsverlustes sein. Er könnte aber auch schlicht Methode sein, um gepaart mit dem „Kritik“-Schutzmantel als ehrenhafter und wagemutiger Kämpfer für die Gerechtigkeit durchzugehen. Das vermeintliche „Rebellendasein“ ist jedoch genauso individualistisch wie der Besitz eines iPods. Machts nichts, denn genau diese Ausgangsposition des angeblich Unmündigen, der sich endlich ein Herz fasst und sich an das ganz heiße Eisen wagt, treibt den Israelkritiker zu wahren Höchstleistungen. Jetzt wo die Dämme gebrochen seien, könne man all das ansprechen, was sich sonst niemand zuvor zu thematisieren getraut hätte. Dass genau das Gegenteil eintritt, und die resultierenden Argumentationslinien nicht abgelutschter sein könnten, ist genau Thema dieses Psychogramms.
Folgende spezifische Phänotypen des Israelkritikers, oftmals auch als hybride Zusammensetzung mehrerer Erscheinungsformen auftretend, wurden bislang gesichtet:
Der Guten-Tag!-Gast
Der Guten-Tag!-Gast schaut einfach mal kurz vorbei, hinterlässt ein intellektuelles Häufchen und ward danach nicht mehr gesehen. Im Grunde politische desinteressiert, ist der „Nahe Osten“ dann doch ein Thema bei dem er seinen Senf dazugeben muss. Oft gehen seine Beiträge nicht über ein paar Phrasen aus der Mottenkiste hinaus. Putin hält er für einen Stürmer bei Schalke 04, von den Osloer Abkommen hat er genau so viel Ahnung wie von kenianischer Folklore. Trotzdem: Dass Israel die „armen Palästinenser“ endlich in Ruhe lassen soll, ist etwas, dass auch er dringend klarstellen muss. Dafür nimmt er schon mal 40 Sekunden Mühe in Kauf.
Der Professor
Der Professor ist eine harte Nuss. Er unterscheidet sich vom Rest der Truppe durch vermeintliche Belesenheit und eine Fülle an unter „Strg+V“ bereitliegenden „Zitaten“, Buchempfehlungen und geschichtlichen Anekdoten. Lieblingsthemen: Briefe und Aussagen der zionistischen Gründerväter, jüdische „Terroroganisationen“ vor 1948, „Berichte“ von angeblichen ethnischen Säuberungen, „Geheimdienstdokumente“, die die israelische „Aggression“ von 1967 belegen, rassistische O-Töne unbedeutender israelischer Abgeordneter etc. etc.
Professor hat sich durch akribische Selektion eine eigene obskure Chronologie des Konfliktes zusammengezimmert, die an einem roten Faden israelischer Böswilligkeit entlangläuft. Häufige gerät er dabei in die Nähe des Typs „Verschwörungstheoretiker“ (siehe unten). Jegliche vorgebrachte Fakten, die Israel in einem besseren Licht erscheinen lassen, werden von ihm kritisch hinterfragt, ihre „Authentizität“ in Zweifel gezogen. Der Professor vertritt stets die Mindermeinung. Er verliert spätestens dann an Glaubwürdigkeit, wenn offensichtlich wird, dass seine vorgefasste Meinung zum jüdischen Staat seine geschichtliche Betrachtung des Nahostkonflikts diktiert, nicht umgekehrt.
Der Verschwörungstheoretiker
Der Verschwörungstheoretiker ist kein reiner Israelkritiker, sondern bedient sich des Nahostkonfliktes lediglich, um seinen Durst nach „mind-boggling conspiracies“ zu löschen. Ihm sind beide Parteien schnurz, solange es weitere potenzielle Verschwörungen gibt, die aufzudecken er zu seiner Berufung gemacht hat. Der Mossad bietet sich als Drahtzieher so ziemlich aller Todesfälle, Taucherunfälle oder südostasiatischer Naturkatastrophen an.
Da der Verschwörungstheoretiker am allerliebsten den USA auf den Zahn fühlt, ergeben sich auch hier mitunter erhellende Querverbindungen. Evergreen schlechthin ist alles, was eine skandalöse Verbindung zwischen Nationalsozialisten und Zionisten aufdeckt. Diese Königin aller conspiracy theories hat zudem den Vorteil, Opfer nachträglich in Täter zu verwandeln. Verschwörungstheoretiker gibt sich oft innerhalb kürzester Zeit der totalen Lächerlichkeit preis, und wird schon bald nicht mehr wahrgenommen. Dass dieses Ignorieren Teil einer größeren Verschwörung der „Anderen“ ist, versteht sich dabei von selbst.
Der Jurist
Der Jurist kennt nur einen Gerechtigkeitsmaßstab: Das (internationale) Recht. „Völkerrechtswidrig“ ist das Attribut, mit dem er lückenlos jede Handlung des israelischen Staates versieht, kausale Zusammenhänge werden dabei nonchalant vernachlässigt. Sein großzügiger Umgang mit diesem Wort macht jedoch unter ominösen Umständen an der israelischen Grenze (zumindest nach seinem „völkerrechtlichen“ Verständnis) halt. Ab dort beginnt anscheinend ein rechtsfreier Raum, in dem selbst die moralisch abstoßendsten Handlungen seinen Segen erfahren. Sein Lieblingsargument ist dabei eine mühsam konstruierte „mangelnde Zurechenbarkeit“ der Taten. Demgegenüber stehen die staatlichen Maßnahmen Israels, die es kompromisslos unter die völkerrechtliche Lupe zu nehmen gilt.
Alternativ werden zwar palästinensiche Verbrechen durchaus rechtlich wahrgenommen, jedoch mit dem juristischen Fingerspitzengefühl eines Metzgers unter „Notwehr“ oder „legitimer Kampf gegen eine Besatzungsmacht“ subsumiert. Hier besticht der Jurist abermals durch das Messen mit zweierlei Maß. Charakteristisch ist schließlich auch das leidenschaftliche Auftischen von UN-Resolutionen, deren präziser Inhalt oder Entstehungsgeschichte jedoch routiniert unter den Teppich gekehrt wird. Der Jurist ist penetrant und besonders rechthaberisch. Eine Diskussion mit ihm zieht sich für gewöhnlich wie ein zuckerfreier Kaugummi. Sehr häufig ist er akrobatisch (siehe unten) gefärbt.
Schnauze-voll-Typ
Der Schnauze-voll-Typ hat vor allem eines: die Schnauze voll. Und zwar von allem und jedem, in besonderem Maße aber von „den Juden“ und dem was „in Palästina abgezogen wird“. Ja, richtig gelesen: er besticht vor allem durch konsequente Vermischung von israelischen Staatsbürgern und Diasporajuden in aller Welt. Seine Wut über „die da drüben“ legt die Fähigkeit zum Differenzieren vollkommen lahm und lässt ihn schnell auch noch so Zusammenhangloses in einen Topf werfen. Da überrascht es auch nicht, wenn seine Frustration über den andauernden Kriegszustand ihn zum Schluss bewegt, die Juden seien im Endeffekt um nichts unschuldiger als ihre ehemaligen Peiniger.
Überhaupt besteht er darauf, in Anbetracht der „fortgesetzten Unterdrückung“ auch im eigenen Land das Verhältnis zu den jüdischen Mitbürgern neu zu definieren, und sich ihnen gegenüber auch mal „kritisch“ äußern zu dürfen. Gekrönt wird das Lamentieren erfahrungsgemäß vom Appell endlich den legendären „Schlusstrich“ zu ziehen und sich nicht mehr „mundtot“ machen zu lassen. Schließlich komme diese neue Ehrlichkeit auch Israel/den Juden zugute. Ständig in petto: das Jammern über Entschädigungsforderungen, welche der Schnauze-voll-Typ gekonnt durch den Hinweis auf das Geschehen in Gaza delegetimiert.
Der Akrobat
Der Akrobat macht seinem Namen alle Ehre, indem er die Gestze der Logik meisterhaft aushebelt und Kausalketten derart vertauscht, dass es selbst einem Pariser Hütchenspieler die Kinnlade runterzöge. Um sein Gut-Böse/ Schwarz-Weiß Weltbild aufrechtzuerhalten, nimmt er schon mal lebensmüde Verrenkungen in Kauf. Da werden Maßnahmen, die dem zeitlichen Kontext, dem Zweck und der Durchführungsart nach selbst für einen Blinden mit Krückstock als Gegenschlag und Reaktion erkennbar sind, prinzipiell als „Aggression“ – und vor allem: Vergeltung – abgetan. Unzweifelhaft selbst herbeigeführte und destruktive Handlungen der Palästinenser (etwa die Aufhetzung und Verheizung ganzer Generationen) rechnet er dennoch der Gegenseite zu.
Des Akrobats Meisterstück ist es aber, den Riesenbogen von heutigen zerstörerischen Akten muslimischer Terroristen zu der für ihn als „Verbrechen“ feststehenden Staatsgründung Israel (alternativ: Besatzung anno 1967) zu spannen. Das ist für ihn der argumentative Urknall, auf den er alles zurückführt, der aber gleichzeitig auch die Endstation markiert – ganz gleich was sich zuvor oder danach ereignet haben mag.
Der Emotionale
Dem Emotionalen würden Fakten nicht einmal auffallen, wenn sie als Clown verkleidet neben ihm aufwachten. Für ihn zählt nur eines: Leid. Genauer gesagt geht es ihm lediglich um 50% des Leides, denn negative Empfindungen auf Seiten der Israelis nimmt er partout nicht wahr. Der Emotionale brilliert durch die „Vermenschlichung“ des Konfilktes, indem er selektiv „Einzelschicksale“ herausgreift, um ein schauerhaftes Gesamtbild zu skizzieren. Bervorzugt spricht er von palästinensischer „Hilflosigkeit“, „Verzweiflung“ oder „Perspektivlosigkeit“. Den Israelis wiederum unterstellt er traditionell „Gier“, „Kalkül“, „Arroganz“ oder „Gewaltbereitschaft“. Während er die Palästinenser in Schutz nimmt, indem er sie als vernunftunbegabte emotionale Marionetten darstellt, bekommen die Israelis als mal skrupellos-gefühlskalt agierend, mal nach Blut lechzend, amoklaufend ihr Fett weg.
Der Emotionale ist aber vor allem eines: Selber emotional. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seinen Argumenten kann schon mal in einen unschönen Tobsuchtsanfall münden, der ihn schnell zum Schnauze-voll-Typ oder Verschwörungstheoretiker mutieren lässt.
Wie man sieht, sind die Trennlinien unscharf und sollten eher als Orientierungshilfe denn als präzise Abgrenzung dienen. Der Israelkritiker ist bei all der oben gezeigten Vielfalt letzten Endes aus einem eher simplen Holz geschnitzt. Seine Schachzüge sind in etwa so vorhersehbar wie Bruce Darnells nächster Weinkrampf. Trotzdem ist das vorliegende Psychogramm ein nützlicher Kompass, um den Israelkritiker als solchen zu identifizieren und schnell das Weite zu suchen. Der „Einwand“, Kritik an Israel sei legitim und müsse erlaubt sein, ist so entbehrlich, wie der prophylaktische Hinweis des Xenophoben „einen Haufen ausländischer Freunde zu haben“.
Kritik kam über das französische critique (ursprünglich griechisch κριτική [τέχνη], kritiké [téchne], „die Kunst der Beurteilung, des Auseinanderhaltens von Fakten, der Infragestellung“, von altgriechisch κρινειν krinein, „[unter-]scheiden, trennen“) ins Deutsche.
Kritik in Reinkultur ist gerade deswegen wünschenswert und willkommen, weil sie das genaue Gegenteil von all dem oben Geschilderten darstellt. Authentische Kritik ist positiv zweckgerichtet und soll zu einer Verbesserung des Gegenstandes beitragen. Wer sich als (oft einzigen) Gegenstand ausgerechnet den israelischen Staat aussucht, muss aber darlegen können, was ihn antreibt und worauf er hinauswill. Dass Israel kritikwürdig, sprich verbesserungsfähig, handelt, wird niemand ernsthaft bestreiten. Der Ton macht aber immernoch die Musik. Und alles was der angeblich so einsame Israelkritiker macht, ist im Gleichschritt mit Legionen von Gleichgesinnten ohrenbetäubenden Lärm zu produzieren.
„Der Leser ist angehalten, einen Selbstversuch zu starten: “
Hat das jemand gemacht? Kann man das wo nachlesen?
Die Frage iss nicht wirklich ernst gemeint… ?
Die Süddeutsche Zeitung ist nach wie vor eher seriös einzustufen, nicht so die Kommentarfunktion:
Es geht um Bin Ladens Videobotschaft und man erfährt von tanzenden Mossad-Agenten am 11. September, ein medizinischer Artikel über Beschneidung und man erfährt, dass Anhänger des mosaischen Glaubens nicht qualifiziert sind über solche Themen zu schreiben.
Und es ist immer fast jeder der Protagonisten anwesend, der Professor, der Emotionale, der Akrobat, etc.
Einfach einen x-beliebigen Artikel in der SZ anschauen, halben Tag warten und schon kann man sich einen schlechten Film sparen…..
Doch, die Frage war ernst gemeint. Oder habe ich das falsch verstanden, und der Vorschlag war nicht ernst gemeint?
Warum kann sich niemand, der die „Israelkritik“ kritisiert verkneifen, seinen Text damit zu beginnen oder zu enden, dass Israel selbstverständlich kritisiert werden kann, solange es nur Kritik im eigentlichen Sinn des Wortes ist. Israel darf man tatsächlich nicht kritisieren, es ist eigentlich ganz einfach: der Überlebenskampf des Jüdischen Staates hat nicht Gegenstand von Kritik zu sein, egal wie konstruktiv, sondern von bedingungsloser Solidarität. Der Rest geht niemanden etwas an, außer die Israelis selber.
Ich vermisse den Bodycounter:
„Nur wegen 2 Soldaten hat Israel einen Krieg angefangen!“
oder
„Einen Toten hat Israel mit 100 vergolten.“
@Frank
Die Israelkritiker sind sich eben nicht bewusst, welche Folgen ihre Kritik haben könnte, oder wie es in einem Kommentar formuliert wurde:
„Nur dass deine Vorschläge Lilas und ihrer Familie Tod bedeuten können, während es für dich so eine spaßige Sache ist ohne wirklich viel Ahnung zu haben“
Es wäre schön, wenn es zum Ideal des erwünschten Kritikers noch ein Beispiel gäbe, zumindest scheint diese Art von Kritiker äußerst selten bis gar nicht existent zu sein. Schließlich müsste man von einem solchen Kritiker auch die Kritik annehmen, nur damit wäre das Unvorstellbare eingetreten, dass man eventuell die eigene Unvollkommenheit annehmen müsste. Dies zählt übrigens für kritische Stimmen aus allen Lagern dieses Konflikts. Trotz allem, war der Beitrag doch sehr interessant, da er geschickt praktisch jegliche kritische Äußerung in eine oder die andere Form presst.
Ich kritisiere zum Beispiel das neue Rauchverbot in Israel. Es ist lästig und noch viel strenger, als das Rauchverbot in Deutschland, weil man auf dem gesamten Gelände eines Cafés nicht rauchen darf, also auch auf der Terrasse nicht.
Für mich ist das ein Minus für Israel als Urlaubsland.
Der Hinweis, man dürfe Israel kritisieren, bezieht sich eher auf banale Details dieser Sorte, meine ich. Klar darf man das, klar bestreitet dies auch niemand, und klar ist dementsprechend auch der Hinweis darauf überflüssig bis zum Gehtnichtmehr. Darum wird er meistens mit der Klausel versehen, Kritik höre dann auf, Kritik zu sein, wenn sie das Existenzrecht Israels in Frage stellt.
„Der Ton macht aber immernoch die Musik.“ –> hier ist der entscheidende Punkt.
In der DIE ZEIT Online Community kamen den Diensthabenden Zensor die Psychograme der „Israelkritiker“ offensichtlich sehr bekannt vor. Er hat sich erkannt und umgehend die Links auf den Beitrag vom Rowfl, the Dog gelöscht. Wahrscheinlich war es ihm zu peinlich.
:
http://kommentare.zeit.de/commentsection/url/2008/13/Israel?page=2#nr-22-
[…] Samstag, 22. März 2008 Der gemeine Israelkritiker, wie er von Rowlf, the Dog so treffend auf Spirit of Entebbe beschrieben […]
Kritik an Israel ist absolut notwendig! Wenn ich mir die Reaktionen „offizieller Stellen“ oder selbst der Pressesprecher auf aktuelle Probleme anschaue – das geht doch überhaupt nicht!? Es kann doch nicht sein, daß Pallywood & Co. weiterhin in der Selbstdarstellung um Klassen besser sind – zumal sich nach einiger Zeit fast immer (immer?) herausstellt, daß die offiziellen israelischen Darstellungen völlig korekt waren und die Behauptungen der Gegenseite frech erlogen?
Wie Lila sehr treffend sagte „wenn schon die Medien weltweit jüdisch kontrolliert und manipuliert werden – warum haben wir eigentlich solch eine schlechte Presse!?“
Und mal ganz ehrlich… Journalisten, die permanent bösartig Falschmeldungen über israel verbocken gehört doch nach mehrmaliger Verwarnung die Akreditierung entzogen – oder? Also für solche israelischen Fehlleistungen fehlt mir jedes Verständniss!
PS: @Kaa – das kannst du ganz einfach selbst ausprobieren, sage einfach beim nächsten Treffen im Freundes- oder Bekanntenkreis irgendetwas Positives über Israel, irgendetwas… Computerchips oder Medizin oder sowas … wirst schon sehen!
Wenn ich mir so vor Augen führe, was ich alles schon über die Regierung Olmert bzw. den PM selbst geschrieben habe, dann kann ich nur sagen: das ist heftige Kritik.
Das reicht sicherlich den oben beschriebenen „Kritikern“ nicht, weil es sich nicht in ihrem Sinne gegen Israel richtet, die den Staat zugunsten der PalAraber zur Minna macht.
[…] Alles was der angeblich so einsame Israelkritiker macht, ist im Gleichschritt mit Legionen von Gleichgesinnten ohrenbetäubenden Lärm zu produzieren. Rowlf, the Dog, Spirit of Entebbe, 21.03.08 […]
Ich vermute dieser Kommentar wird nicht veröffentlicht. Ich mache mir auch gern die Mühe die Diskussionen auf dem Volkszustandsbericht zu veröffentlichen, damit konstruktiver Umgang mit dem Thema gewährleistet wird.
@ Amuno (7): „Es wäre schön, wenn es zum Ideal des erwünschten Kritikers noch ein Beispiel gäbe, zumindest scheint diese Art von Kritiker äußerst selten bis gar nicht existent zu sein. Schließlich müsste man von einem solchen Kritiker auch die Kritik annehmen, nur damit wäre das Unvorstellbare eingetreten, dass man eventuell die eigene Unvollkommenheit annehmen müsste. Dies zählt übrigens für kritische Stimmen aus allen Lagern dieses Konflikts. Trotz allem, war der Beitrag doch sehr interessant, da er geschickt praktisch jegliche kritische Äußerung in eine oder die andere Form presst.“
… siehe dazu und zum Umgang mit vorgeblichen Israelkritikern den sehr interessanten Thread eines Artikels hier im Weblog mit dem Titel: Die Einen so, die Anderen so.
Fazit: Es geht nicht um konstruktive Kritik – es geht um Dämonisierung, Doppelstandards und Delegitimierung.
Schade.
[…] man auch als Hisbollahdarlinge, Kassamkriecher und Palituchkuschler beschimpfen könnte) sei dieser Artikel ans Herz gelegt, der die verschiedenen Typen der Israelkritik seziert und folgert: Authentische […]
Da fehlt doch was: der klass. Ant-Imp/ami/Kapitalist, der das arme Israel ideologisch in Schutz nimmt, weil er dessen Bevölkerung als von den Amis ausgebeutete Vorschicktruppe begreift. AM Umstand, das dieses Land, dessen Bewohner ja eigentlich nur(in seiner Welt) Marionetten sind*, aufgrund seines Imeperialistischen Fundaments trotzdem weg muß, ändert das natürlich nichts(aber nichts gegen das Volk!!! ; ) .
*und schutzbedürftig, solange sie´s bleiben.
Aber zu Israel-Kritik: Wenn es innerhalb israels zu einem(beliebig) Thema Pro und Contra Meinungen gibt, und ich mich immer solidarisch verhalte, verhalte ich mich doch eben nicht solidarisch, weil ich als deutscher die hälfte der Israelischen Stimmen von hier aus mitunterdrücke, oder?
Unterdrücken war vielleicht ein komischer Ausdruck, aber ihr wisst schon
Es gibt natürlich den Israelkritiker, der gerne auch als Israels Freund (Freunde von Ländern sind natürlich per se verdächtig, israelfreundlich darf man aber sein 😉 auftritt und dann antizionistische und antisemitsche Inhalte verbreitet.
Auf der anderen Seite ist faire Israelkritik in D kaum möglich, zumindest nicht für öffentliche Personen, u.a. der, wie ich finde, (zurzeit wieder) wenig selige ZdJ sorgt schon dafür, dass faire Diskussionen gefährlich werden und sich so zu sagen nicht rechnen.
Das ist schade. Mich intereressierten durchaus der Sinn des Siedlungsbaus (gehts da vielleicht doch ein wenig um Landnahme oder zumindest um Verhandlungsmaterial?) oder auch der Status der israelischen Araber oder auch die allgemeine Zielsetzung i.p. Friedensfindung (falls überhaupt möglich bei solchen Nachbarn natürlich 😉 Israels.
Ein weiteres Problem mit der Israelkritik ist dieser Mischmasch aus Juden als Gläubige und (säkuläre) Juden als Bewohner Israels. Mir persönlich geht der ZdJ nach einigen vglw. angenehmen Jahren unter Bubis und Spiegel wieder auf die Nerven, vgl. auch die wie ich finde ungeheuerliche Papstkritik des konvertierten Rabbis und des Generalsekretärs.
Es fehlt noch der Taktierer. Das ist derjenige der nach dem Motto ‚Wenn schon die Juden es selber sagen…‘ jedesmal Avnery, Pappe, Grosser et al nach vorne schiebt, um seine eigene ‚Kritik‘ zu legitimieren.
Ansonsten ein sehr treffender Beitrag.
@ sky
2 DInge
1
sorry, aber es fehlt der natürliche Raum, der sonst allen für „konstruktive Kritik“ gewährt wird.
Die Fragen, die du stellst, stell ich mir auch(man könnt natürlich einfach einfach ein Buch lesen..), aber „die“, über die wir jetzt reden, nicht. ALso: diese Fragen werden nicht nur nicht beantwortet, sondern auch gar nicht gestellt, sondern stellen eher praktische Flächen zum AUsmalen dar.
2. Wegen ZDJ/Gläubig etc.
Ich finde auch, das die, die bewusst pro-Israel Haltungen
in den Medien verbreiten, doch bitte schön nicht so wahllos jeden VollNazi, der gerade zufällig nichts gegen Israel hat, schönschreiben(hallo achgut.de!), das heer der zurückgebliebenen(religiöse, konservative, alt-ökos und anderes Gesocks) dominiert die Medienlandschaft. Aber das ist ein allumfassendes Problem heute.
Eigentlich müsste das hauptaugenmerk der missionierer sein, die Linken/sliberalen rational zu gewinnen, statt die Gesellschaft zu spalten und ironischerweise Menschen zu stärken, die geistig den Djihadisten oder den Nazis ähneln, auch ohne Israel ein Haar krümmen zu wollen
Ist übers Ziel hinaus, aber mit dieser Mantra werd ich hausieren gehen, denn diese Schwäche übersieht jeder, und ich sehe schon die ersten Karriere-Surfer die Antisemitismus-Erkenner-Welle am Horizont entlang surfen(solange die Welle gut trägt)
Ich glaub ich muß mal einen Blog über diese Blogs hier machen. Rocka
@Sky
Du sprichst durchaus interessante bzw. kontroverse Aspekte an, die schon tiefer in die Materie gehen bzw. allein aufgrund ihrer Fragestellung eher darauf aus sind, die Positionen der Betroffenen kennenzulernen und gegeneinander abzuzwägen, anstatt auf Teufel komm raus zu pöbeln. Der Nahostkonflikt ist unabhängig von seiner vollkommen überproportionalen medialen „Dokumentation“ sicher ein interessantes politisches Thema, komplex und uU durchaus kontrovers.
Ich hege also sicher nicht den Generalverdacht, dass jeder, der sich zum Thema äußert, versteckt dem Judemhass frönt. Im Ggensatz zu dir glaube ich, dass „Israelkritik“ allgegenwärtig und sicher nicht (mehr?) verpönt ist, sondern buchstäblich salonfähig geworden ist. Es ist einfach nicht zu leugnen, dass der 08/15 durchschnittlich interessierte, das „Weltgeschehen“ en passant verfolgende Bürger sich viel ungehemmter über Israel-Palästina auslässt als über so ziemlich alle übrigen außenpolitischen Angelegenheiten. Daran ist ja vorerst nicht allzu viel verkehrt, da die meisten Leute über das, was ihnen über die Medien gerade aufgetischt wird, einfach beim Kaffee unter Freunden mitreden wollen. Seien es DSDS Skandälchen oder gebrochene Wahlversprechen in Hessen. Trotzdem: ein nicht geringer Teil dieser Leute betreibt die „Kritik“ in einer derart schablonenhaften, penetranten aber vor allem einseitg und aggressiven Art und Weise, dass man sich über die eigentlichen Motive Gedanken machen muss.
Der Zentralrat fühlt sich zum Staate Israel naturgemäß (nein, kein Aufwärmen antisemit. Klischees der illoyalen Juden sondern Ausdruck der inhärent logischen Verknüpfung zwischen Diasporajuden und dem als ihr Safe Heaven konzipierter spirtuell/religiöser Heimatstaat) tief verbunden. Zugleich agiert er als Interessensvertretung jüdischer Deutsche. Diese doppelte Verantwortung
in der BRD mit ihrer besonderen Geschichte, kann durchaus auch dazu führen, dass man „über die Stränge schlägt“ und seriöse Debatten vorschnell abwürgt. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass das der Fall ist/war. Ich jedenfalls hüte mich bis zum letzten Drücker davor, einem „Kritiker“ Antisemitismus zu unterstellen, da inflationärer Gebrauch genau das ist: auf Dauer entwertend. Der waschechte Judenhasser wird ein einfaches Leben haben, wenn „Antisemitismus“ eines Tages so ernst genommen wird wie die Bezeichnung als „Schwachkopf“.
Da aber, wo an der eigentlichen Agenda des „Kritikers“ keine Zweifel mehr bestehen kann, soll und MUSS man es als das aussprechen was es ist. Hier wären Euphemismen feig. Hier muss das Kind beim Namen genannt werden. Denn diejenigen, die dann „Seht her, rch hab’s euch ja gesagt!“ schreien und „aufdecken“, dass man Israel nicht kritisieren darf, sind von vornherein irrelevant.
[…] Mehr über den “gemeinen Israelkritiker” bei Spirit of Entebbe […]
[…] denn sie sind eigentlich arme Würstchen. Nur glauben sie das natürlich nicht. Eine ausführliche Analyse dieser Spezies findet sich bei Spirit of […]
[…] Evelyn Hecht-Galinskis Welt Veröffentlicht in Briefe an die Herausgeber by Mr. Moe am Juli 26th, 2008 Evelyn Hecht-Galinski ereifert sich in einem ausführlichen Leserbrief in der F.A.Z. über die “Geschichtsverdrehung und Mystifizierung einer Staatsgründung” im Rahmen eines Beitrags von Shimon Stein, dem ehemaligen israelischen Botschafters in Deutschland. Den Drang Steins Ausführungen in “Ein Kampf für Sicherheit und Frieden” aus der F.A.Z. vom 22. Juli vehement zu widersprechen verspürt Frau Hecht-Galinski, Tochter von Heinz Galinski, des langjährigen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Stein 2008 den Heinz-Galinski Preis verliehen bekommt. Frau Hecht-Galinskis folgende Ausführungen können dabei als beispielhaft für den modernen Israelkritiker gelten (vgl. für diese Spezies auch die klassischen Beiträge auf Lizas Welt und Spritit of Entebbe). […]
[…] via SpiritofEntebbe […]