So hirnrissig Dirk Niebels Aktion auch war, in einem hat der Entwicklungshilfeminister recht: DIE ZEIT arbeitet gegen Israel.
Wer ein ums andere mal mit Artikeln aus der Feder Thumanns und Ladurners genudelt wird, freut sich wirklich, wenn im Inhaltsverzeichnis „Sechs Klischees über Israel“ angekündigt werden, hofft man doch auf eine saftige Widerlegung derselben. Vergeblich: Der Autor ist ein berüchtigter Historiker, ein Judt nach dem Geschmack der ZEIT, denn wer wäre geeigneter, Klischees über Israel auf Herz und Nieren zu prüfen als ein neutraler Beobachter wie Tony Judt, der sich längst für die Einstaatenlösung, also für die Abschaffung Israels als jüdischer Staat ausgesprochen hat?
Einen „Versuch, aus der Spirale von Vorwürfen und Vorurteilen auszubrechen“ kündigt Judt an, liefert dann aber einen haarsträubenden Text ab, der für von der Materie unbeleckte ZEITgenossen erstmal vernünftiger und gemäßigter klingt als das, was aus dem antizionistischen Lager gewöhnlich zu vernehmen ist, ansonsten aber ganz ähnlich gestrickt ist: voller Halbwahrheiten, Auslassungen und unbewiesener Behauptungen.
Klischee Nr. 1: Israel wird delegitimiert/sollte delegitimiert werden
Israel ist ein Staat wie jeder andere, seit Langem etabliert und international anerkannt.
Israel ist eben kein Staat wie jeder andere, sonst würde er nicht fortwährend angegriffen, verleumdet und verurteilt, und niemand käme auf die Idee, sein Existenzrecht noch 62 Jahre nach der erlangten Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen. Wie anerkannt Israel international ist, lässt sich eindrucksvoll beobachten, wenn Irans Präsident Ahmadinedschad vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen das baldige Ende des jüdischen Staats ankündigt und wenn sich im UN-„Menschenrechtsrat“ Staaten vom Schlage Saudi-Arabiens, Libyens und Irans – ein sattes Drittel der Mitglieder gehört der Organisation der Islamischen Konferenz an – zusammenrotten, um auf einen einzigen Staat, nämlich Israel, einzudreschen.
Das schlechte Verhalten seiner Regierungen »delegitimiert« Israel nicht – ebenso wenig, wie das schlechte Benehmen der Herrscher Nordkoreas oder auch der Vereinigten Staaten diese Länder »delegitimiert«.
Worin das „schlechte Verhalten“ einer Regierung bestehen soll, die sich zur Zweistaatenlösung bekannt, den Siedlungsbau für zehn Monate eingefroren, hunderte Checkpoints abgebaut und direkte Verhandlungen (mit der PA) offeriert hat, erschließt sich hier nicht – Judt nennt auch keine Belege. Dafür nennt er gleich darauf Nordkorea, damit klar ist, in welcher Liga Israel für ihn spielt. Ein alter Trick, den der SPIEGEL über Jahrzehnte anwandte, indem er im Inhaltsverzeichnis in der Rubrik Ausland Israel und Südafrika immer direkt untereinander auflistete.
Einige Kritiker Israels werden von dem Wunsch getrieben, das Land solle einfach verschwinden. Aber das ist Vogel-Strauß-Politik: Israel wird nicht verschwinden, und es sollte auch nicht verschwinden.
Mr. Judt hat seinen großzügigen Tag.
Was die offizielle israelische PR-Kampagne angeht, jegliche Kritik als Versuch der »Delegitimierung« des Landes zu diskreditieren, so schießt sich Israel ins eigene Bein. Wann immer Jerusalem so reagiert, lenkt es die Aufmerksamkeit darauf, wie isoliert Israel ist.
Immerhin: Jerusalem, nicht Tel Aviv. Man freut sich ja schon über Kleinigkeiten, SPON hat die Regierung gerade heute wieder am Mittelmeer verortet. Aber erstens ist es überhaupt nicht so, dass jegliche Kritik mit diesem Argument abgebürstet würde und zweitens ist es Tony Judt, der sich ins eigene Bein schießt, weil er, der eben noch behauptete, Israel sei „international anerkannt“, jetzt einräumt, dass das Land isoliert ist. Nun ja, wir ahnen, warum.
Klischee Nr. 2: Israel ist eine Demokratie/ist keine Demokratie
Das vielleicht am häufigsten verwendete Argument zur Verteidigung Israels lautet, das Land sei »die einzige Demokratie im Nahen Osten«. Das ist im Wesentlichen wahr: Das Land hat grundlegende Gesetze, eine unabhängige Justiz und hält freie Wahlen ab. Allerdings diskriminiert Israel Nicht-Juden in einer Weise, die es von den meisten anderen Demokratien unterscheidet.
Wie, sagt er nicht – es dürfte ihm auch schwerfallen.
Aber das Demokratie-Argument ist irrelevant. »Demokratie« bedeutet keine Garantie für gutes Benehmen: Die meisten Länder sind heute in formaler Hinsicht demokratisch. Israel widerlegt das bequeme amerikanische Klischee, »Demokratien führen keinen Krieg«.
Demokratien beginnen keine Kriege, Mr. Judt! Es soll aber durchaus vorkommen, dass ihnen welche aufgezwungen werden – etwa durch Raketenbeschuss aus dem Libanon oder aus dem Gazastreifen.
Das Land ist eine Demokratie, die von ehemaligen Berufssoldaten dominiert wird; schon das unterscheidet Israel von anderen entwickelten Staaten.
Dass in einem Staat, der seit 60 Jahren im Ausnahmezustand lebt, die Armee einen anderen Stellenwert hat als in Dänemark und der Schweiz, sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Und so lange es Staaten wir den Iran gibt, die Israel „aus den Seiten der Geschichte“ streichen wollen und Terrorgruppen wie Hamas oder Hisbollah, wird das Sicherheitsargument in der israelischen Politik immer eine gewichtige Rolle spielen. Im Zweifelsfall fühlt man sich dann bei einem kampferprobten Ex-General besser aufgehoben als bei einem sensiblen Schriftsteller.
Und wir sollten nicht vergessen, dass im Nahen Osten auch Gaza eine »Demokratie« ist: Gerade weil die Hamas dort im Jahr 2005 freie Wahlen gewann, reagierte Israel mit solcher Heftigkeit.
Welcher Mensch, der noch bei Trost ist, wird behaupten wollen, dass Gaza eine Demokratie sei? Tony Judt wagt es, nach dem Motto: Wenn Israel eine „Demokratie“ ist, dann ist es Gaza auch, schließlich haben dort mal Wahlen stattgefunden – mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass leider keine demokratischen Parteien zur Wahl standen sondern zwei Terrorgruppen, eine säkulare und eine islamistische. Die islamistische hat dann die andere noch rausgeputscht, aber das hat Tony Judt nicht mitbekommen. Oder vergessen. Oder es verhagelte ihm seine Argumentation.
Vollends absurd wird es, wenn der Sieg der Hamas bei „freien Wahlen“ Israel zu einer heftigen Reaktion bewegt haben soll – vielmehr war es der Raketenbeschuss grenznaher Ortschaften durch islamische Djihadisten. Aber auch das möchte Judt dem geneigten Publikum lieber vorenthalten.
Klischee Nr. 3: Israel ist schuld/ist nicht schuld
Israel trägt keine Verantwortung dafür, dass viele seiner Nachbarn das Existenzrecht des jüdischen Staates lange Zeit geleugnet haben. Wenn wir begreifen wollen, warum viele Äußerungen Israels so wahnhaft (sic!) wirken, dürfen wir nicht die israelische Mentalität unterschätzen, allseits belagert zu sein.
Merke: Israel wird nicht etwa belagert, man glaubt dort nur, „belagert zu sein“. Hier versperrt dem gemeinen Israelkritiker mal wieder seine Fixierung auf den jüdischen Staat den Blick auf das, was sich um Israel herum tut, welche Töne in Beirut, Gaza, Teheran, Damaskus und, ja, auch in Ramallah zu hören sind. Traurig.
Es überrascht nicht, dass der Staat pathologische (sic!) Gewohnheiten angenommen hat. Die schädlichste davon ist der routinierte Rückgriff auf Gewalt. Weil das so lange funktioniert hat, fällt es Israel schwer, sich andere Reaktionsformen auch nur vorzustellen.
Wie man sich in einer derart rohen Umgebung wie dem Nahen Osten halten soll, ohne auf (Gegen-)Gewalt zurückzugreifen, verrät Judt natürlich nicht, aber dies nur nebenbei. Israel hat durchaus versucht, den Konflikt mit den Arabern in Verhandlungen zu lösen. Hier seien die Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien genannt. Auch der „Oslo“-Prozess.
Das Scheitern der Verhandlungen von Camp David im Jahr 2000 hat die Überzeugung weiter gestärkt, es sei »niemand da, mit dem wir sprechen können«.
Nun ja – zunächst dachte man ja, man könne mit Arafat sprechen. Diese Hoffnung wurde dann aber enttäuscht: Als er Farbe bekennen musste, sagte er Njet und startete die „Al-Aqsa-Intifada“. War es nicht so?
Aber es ist jemand da. Wie amerikanische Offizielle unter der Hand einräumen, muss Israel früher oder später mit der Hamas sprechen.
Bezeichnend ist, dass Judt nicht zuerst die Fatah einfällt, die im Vergleich zur Hamas als „gemäßigt“ gilt, sondern ausgerechnet die radikalislamische Bande, die sich der Vernichtung der Juden programmatisch verschrieben hat.
Israel wird mit der Hamas verhandeln. Die Frage ist nur: Warum nicht jetzt?
Nein, die Frage ist: Will denn die Hamas auch mit Israel verhandeln? Und wenn ja: worüber?
Klischee Nr. 4: Die Palästinenser sind schuld/sind nicht schuld
Gern wird behauptet, die Araber ließen nie eine Gelegenheit verstreichen, eine Gelegenheit verstreichen zu lassen. Dass die palästinensischen Widerstandsbewegungen (sic!) von 1948 bis Anfang der achtziger Jahre Israels Existenzrecht bestritten, hat ihnen nicht gutgetan. Die Hamas wird Israels Existenzrecht anerkennen müssen.
Sie wird es nicht tun, wie ein Blick in ihre Charta deutlich zeigt. Wir sind aber jetzt gespannt, was Judt zu den möglichen Fehlern und Versäumnissen der Palästinenser zu sagen hat, dieses Klischee will er ja nun angeblich unter die Lupe nehmen. Aber nichts da – die ganz oben abgesegnete Glorifizierung vom Massenmördern als „Märtyrer“, die Lynchjustiz, die Hinrichtung von „Kollaborateuren“, das Gerede vom Palästina vom Meer bis zum Fluss, die Al-Aqsa-Intifada, die Weigerung, direkt mit Israel verhandeln, das Beharren auf Maximalforderungen – kein Thema für Tony Judt. Statt dessen muss er wieder den Dreh kriegen:
Aber seit 1967 ist es Israel, das die meisten Gelegenheiten verstreichen lässt.
Welche denn? Etwa den „Friedensprozess“, weil Israel sich irgendwann nicht mehr mit der inoffiziellen Formel Land für Krieg anfreunden konnte?
Es blickt zurück auf ein vierzigjähriges Besatzungsregime;
…das längst beendet sein könnte, wenn sich die Palästinenser beizeiten mal bewegt hätten…
auf drei katastrophale Einmärsche in den Libanon;
…die nicht aus Jux und Tollerei gestartet wurden…
auf eine von der Weltöffentlichkeit missbilligte Invasion und Blockade des Gaza-Streifens;
…die beide Folge davon sind, dass aus Gaza Raketen abgeschossen wurden und dass man dort seit vier Jahren gegen jedes internationale Recht einen jungen Soldaten als Geisel hält…
und nun auch noch auf einen Angriff auf Zivilisten in internationalen Gewässern.
Vulgo: Notwehr gegen gewaltbereite und bewaffnete Möchtegernmärtyrer türkisch-islamistischer Herkunft.
Apropos: Auch Judt weiß natürlich, dass an Deck der Mavi Marmara nicht Joan Baez mit der Klampfe „We shall overcome“ sang, deshalb kommt er um das Thema Gewalt bzw. Terror nicht herum. Besser, das mit einem Uralt-Produkt aus der Phrasendreschmaschine anzugehen:
Terrorismus ist die Waffe der Schwachen.
Und die Schwachen, das weiß man ja, sind immer die Guten. Klar, wenn man eine friedliche Lösung ausschlägt und außerdem der Jihad im Parteiprogramm steht, dann muss man – leider, leider – Cafébesucher, Buspassagiere und Discogänger in die Luft jagen.
Das Bombenwerfen auf zivile Ziele ist moralisch nicht zu rechtfertigen,
Wetten, dass jetzt ein aber kommt?
aber es kennzeichnet Widerstandsbewegungen aller Art seit mindestens einem Jahrhundert.
Wette gewonnen.
Zu Recht bestehen die Israelis darauf, dass alle Gespräche davon abhängen, dass die Hamas dem Terror gegen Zivilisten abschwört. Doch die Palästinenser stehen vor demselben Dilemma wie alle anderen Unterdrückten (sic!): Alles, was sie einem etablierten Staat entgegensetzen können, ist Verweigerung und Protest. Wenn sie jede israelische Forderung bereits vorweg erfüllen – Gewaltlosigkeit, Anerkennung Israels, die Hinnahme aller ihrer früheren Verluste –, was können sie dann am Verhandlungstisch noch erreichen?
Seit jeher haben die Palästinenser die Wahl: Erkennen sie Israel als jüdischen Staat an, bekommen sie den eigenen. Tun sie es nicht, streben sie also einen Staat an, um Israel auch danach weiter bekämpfen zu können, wird Israel dies zu verhindern wissen. Tony Judt ist daran zu erinnern, was Arafat seinerzeit in Oslo unterschrieb: nämlich dem Terror abzuschwören. Aber selbst diese simple Selbstverständlichkeit gilt „Israelkritikern“ wie ihm nichts, obwohl jedem vernünftigen Beobachter klar ist, dass die Palästinenser mit Gewalt nichts erreichen, sondern nur dadurch, dass sie Ruhe geben. Und, ja: Natürlich müssen die Araber „frühere Verluste“ hinnehmen – das ist der Preis für verlorene Angriffskriege, nicht nur Schlesier und Ostpreußen werden das bestätigen können.
Israel ist im Vorteil; es muss die Initiative ergreifen.
Israel ist bereits in Vorleistung gegangen, hat Territorien geräumt, Teile der Westbank, ganz Gaza, hat Tausende von Häftlingen amnestiert etc. – und was hat es dafür bekommen? Das Angebot Netanyahus steht. Wie wäre es also zur Abwechslung einmal damit, die Palästinenser in die Pflicht zu nehmen? Dort hapert es noch an den schlichtesten Gesten. In Gaza erzieht man schon Vorschulkinder zum Kanonenfutter im Heiligen Krieg, und in der Westbank benennen Fayyad und Abbas Straßen und Plätze nach Terroristen wie Yihie Ayyash.
Klischee Nr. 5: Die Israel-Lobby ist schuld/ist nicht schuld
Aber der Einfluss der Israel-Lobby ist unverhältnismäßig groß. Warum sonst sollte eine überwältigende Mehrheit im Kongress jeder pro-israelischen Resolution zustimmen, obwohl sich nur wenige Abgeordnete kontinuierlich für das Thema interessieren?
Nun, es interessiert sich vielleicht auch nicht jeder Abgeordnete für die Gesundheitsreform, und trotzdem wird sie zur Abstimmung vorgelegt. Die Mehrheit im Kongress spiegelt im übrigen nur die Stimmung im Land wieder: Die meisten Amerikaner schlagen sich, wenn sie die Wahl haben, auf die Seite einer Demokratie, nur Extremisten halten es mit einer Terrorbande. Und nur Feiglinge positionieren sich irgendwo dazwischen.
Klischee Nr. 6: Kritik an Israel hat mit Antisemitismus zu tun/hat nichts mit Antisemitismus zu tun
Antisemitismus ist der Hass auf Juden, und Israel ist ein jüdischer Staat. Daher liegt es auf der Hand, dass manche Kritik an Israel böswillig motiviert ist.
Wobei die unappetitliche Koalition aus Neonazis, Kommunisten, Heiligen Kriegern und ordinären Judenhassern im Jahr 2010 auch ehrlich motivierte Israelkritiker nicht davon abhält, sich dort einzureihen.
Aber Kritik an Israel, zunehmend auch vorgebracht von nicht israelischen Juden, ist überwiegend nicht antisemitisch motiviert. Wir sollten uns davor hüten, den Vorwurf des Antisemitismus allzu häufig zu erheben.
Wir werden das hier ganz sicher nicht tun. Wer sich den lieben langen Tag ausgerechnet auf das von Feinden umzingelte Israel werfen zu müssen meint, kann, muss aber nicht notwendigerweise Antisemit sein. Ganz und gar nicht. Manchmal ist er auch einfach nur schlecht informiert, dumm, naiv oder verlogen.
Bei einer jüngeren Generation in den USA und auch anderswo wächst die Skepsis. Sie fragen: »Wenn bereits Kritik an der israelischen Blockade des Gaza-Streifens potenziell ›antisemitisch‹ ist, warum soll ich diesen Vorwurf dann in anderen Fällen ernst nehmen?
Gegenfrage: Was gibts an einer „Blockade“ zu kritisieren, die es ermöglicht, ein feindlich gesinntes Territorium mit so gut wie allem außer Waffen und Munition zu versorgen? Und warum interessiert sich die „jüngere Generation“ nicht für die ägyptische Blockade?
Dann das Antisemitismus-Argument: Judt greift hier wieder zu einem ganz alten Hut: Er behauptet, dass etwas behauptet wird, um die vorgebliche Behauptung als grundlos zu verwerfen. Dabei ist Kritik an der „Blockade“ per se natürlich nicht antisemitisch. Es gibt allerdings Leute, die sich als Menschenrechtler gerieren und beide Augen zudrücken, wenn sich im Darfur und im Kongo, in Somalia und Kirgisistan und an zahllosen weiteren Orten der Erde wirkliche Tragödien mit Hunderttausenden Toten und zig Millionen Flüchtlingen abspielen, während ein von fanatischen Islamisten initiiertes Scharmützel mit israelischen Soldaten sie vor Empörung zittern lässt. Vor Empörung über die Israelis, versteht sich. Da muss man schon fragen dürfen, was solche Menschen antreibt. Diese Art von Besessenheit muss wiederum Israel nicht ernst nehmen.
Neben den Öl-Scheichtümern ist Israel für die USA heute die größte strategische Belastung im Nahen Osten und in Zentralasien.
Judt hat Mearsheimer/Walt gelesen, so viel ist sicher. Das wohl einzige Land weltweit, das wirklich zu Amerika steht, wenn es hart auf hart kommt (wir erinnern uns an Kanzler Schröders „uneingeschränkte Solidarität“?), wird hier zum Klotz an Bein erklärt. Und warum?
Israel ist dafür verantwortlich, dass die USA ernsthaft Gefahr laufen, die Türkei als Partner zu verlieren: ein muslimisches und zugleich demokratisches Land, das der entscheidende Akteur im Nahen Osten und in Zentralasien ist. Ohne die Türkei werden die Vereinigten Staaten nur wenige ihrer regionalen Ziele erreichen.
Mit anderen Worten: Vergesst dieses „shitty little country“ mit seinen sieben Millionen Einwohnern, das muss zur Not geopfert werden, um Erdogans Türkei zu pampern. Auch wenn die sich, aus freien Stücken, für alle sichtbar vom Westen verabschiedet, eine Allianz mit Damaskus und Teheran schmiedet und sogar der vom Westen geschnittenen Hamas Avancen macht.
Es ist an der Zeit, mit den Klischees rund um Israel Schluss zu machen, das Land wie einen »normalen« Staat zu behandeln und die Nabelschnur zu kappen.
Ach, Mr. Judt, wir wären doch alle heilfroh, wenn man Israel wie einen normalen Staat behandeln würde! Dann wäre der Bau von 1200 Wohnungen in der Hauptstadt keine Nachricht wert, dann würde man in einem Fall wie dem der aufgebrachten Mavi Marmara den Islamisten „Selber schuld!“ zurufen und dann könnte man sich in der ZEIT wirklich mal Klischees vornehmen und widerlegen statt sie, wie Sie es tun, noch mit erbärmlichen Argumenten auszustopfen.
An Tony Judts Nabelschnur möchte man jedenfalls nicht hängen, dann wäre der Hungertod sicher. Eingedenk der Weisheit Golda Meirs sorgt das Land deshalb seit jeher selbst für seine Sicherheit: „Lieber eine schlechte Presse als eine gute Grabinschrift“ hat die alte Dame mal gesagt.
Nie war der Satz aktueller als heute.
Habe den Text nicht im Vollen gelesen, aber diese Karikatur sollte dazu passen
Offensichtlich war Judt den Israelhassern bei der ZEIT nicht genug, da musste gleich eine Alibi-Exisraelin ran:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/israel-peres-krieg
Wieder eine hervorragende Replik! Merci!
Judt ist ein hervorragender Historiker, intelligent, analytisch, sicher und eloquent im Urteil. Es ist immer wieder erstaunlich, wie selbst bei Intellektuellen zum Thema Israel immer wieder die Sicherungen durchbrennen.
Kleine Anmerkung: Heißt es nicht „Demokratien führen keine Kriege GEGENEINANDER“? Das wäre meiner Meinung die zutreffende Formulierung. Ob Demokratien Kriege BEGINNEN, ist ohnehin manchmal eine schwer zu entscheidende Frage (Wann beginnt ein Krieg?).
@Ostap Bender,
die Artikel die DIE ZEIT über Israel druckt sind an sich unwichtige Schmierereien, die mich schon seit Jahren nicht beeindrucken. Wie CC G. Meir richtig zitierte:
„Lieber eine schlechte Presse als eine gute Grabinschrift“
Aber das was mir wirklich richtige Sorgen bereitet sind die Reaktionen der aufgehetzten Leserschaft, die sich in den Kommentaren unter dem Interview niederschlagen. Die kritischen Meinungen zu dem Standpunkt der ehem. Israelin sind vereinzelt. Der Tenor ist zustimmend. Endlich auch eine Jüdin hat die Wahrheit über den Kriegstreiber Peres gesagt. Da fühlt sich die deutsche Seele richtig massiert. Jetzt ist amtlich – die Israelis sind Bestien die keinen Frieden wollen und den armen Pali Winnetou aushungern wollen.
Wenn die Mehrheit der deutschen DIE ZEIT Leser glaubt an solchen Stuß, dann gute Nacht Deutschland! Wohin geht das Land, der von Bekloppten und Bescheuerten bevölkert ist?
Es ist fünf vor Zwölf, aber nicht für Israel. Es ist fünf vor Zwölf für Deutschland. Das Land verblödet zunehmend. Wer wird meine Rente bezahlen? Die Halbanalphabeten die bei DIE ZEIT die Kommentare über Israel schreiben? Die sind zu blöd um sich selbst zu finanzieren. Offensichtlich schlägt sich das „Abhartzen“ auf die Gehirnfunktionen nieder.
Bei mir werden, sobald es um Israel-Themen geht, gefühlte 40% aller Leserkommentare auf zeit.de zensiert – in der Regel mit dem Vermerk, ich möge doch bitte auf „Ironie und Zynismus“ verzichten.
Dabei war zB mein Hinweis an einen orthografisch erkennbar der PISA-Zwangsschulbildung entstiegenen Kämpfer gegen die „israelischen Faschisten“, er möge doch, wenn er schon ständig mangels eigener Ideen von der NPD abschreibt, doch wenigstens nicht auch noch die dortigen Rechtschreibfehler übernehmen, wirklich bloß als Hilfestellung gemeint…
Wenn man sich die Folgen von 40 Jahren Reformpädagogik vor Augen führt, ist es allerdings zum Teil auch verständlich, dass Schwarz-Gelb mit vollen Hosen regiert: http://www.eip-news.com/2010/06/deutschland-im-wurgegriff-der-%e2%80%9elinken-und-mutlosen%e2%80%9c/
@Ostap Bender: Jaja, Peres der Kriegstreiber…der is gut 😉
Es sind zwar Linke, aber mitunter wirklich brillant, so z. B. heute: »Tropfen am Eimer« zu Niebel.
Ich denk ja alle zwei, vielleicht auch alle drei Wochen wieder, dass ich mich langsam an diese Verhältnisse gewöhnt hätte, irgendwie mich beruhige und anfangen kann, mich auf die eine oder andere Art und Weise damit zumindest soweit abzufinden, dass es mir zumindest abseits politischer Arbeit nicht mehr die Stimmung verhagelt… aber beim Lesen von sowas wird mir nicht nur schlecht, ich kann auch einfach nicht verstehen wie man da keine Gewaltfantasien bekommen kann.
„Israel wird mit der Hamas verhandeln“. Na dann, wenn Tony gebietet..
Ich dachte auch, dass ich mich von nichts mehr irritieren lasse. Ich habe die Abos meiner Zeitungen und Zeitschriften abbestellt. In der Glotze gucke ich nur Sport. Und meine Freizeit verbringe ich am Klavier. Und dann kommt plötzlich die „Friedensflottille“ mit Hadvoll Idioten am Board, dann dreht der Erdowahn durch und kurz danach der Niebel. Und die ganze Welt geriet in Wallung als ob man wieder die Zwillingtürme von New York umgestürzt hätte. Da in gleicher Zeit Hunderten von Menschen in Pakistan, Irak, Kirgisien und Afghanistan ermördet worden sind, interessiert zwar einige Menschen in Deutschland, aber die Köpfe bleiben kühl. Na vielleicht mit Ausnahme von Nordirak. Dort vermuten die Verschwörungstheoretiker in den deutschen Wohnstüben, die blutigen Händer des Mossads, die auf teuflische Weise PKK unterstüzten. Erdowahn vermutet das auch. Der Deutsche im Gleichschritt mit dem Türken ist dabei Israel zu dämonisieren und zum Aussätzigen zu machen.
Wenn man die Entwicklung der Stimmung in Deutschland beobachtet, wie explosiv und antiisraelisch sie ist, kann man sich nicht wundert, wenn einer, der viel Macht und Charisma hatte, innerhalb von einigen Jahren aus der Nation von Dichter und Denker eine Nation von Richter und Henker gemacht hatte.
Die Seele des Volkes ist leicht manipulierbar. Das sollen sowohl die Jouranlistesn als auch die Politiker wissen. Den Geist den sie aus innenpolitischen Gründen gerufen haben, werden sie nicht mehr los. Deutsche Gesellschaft ist eine verlorene Gesellschaft. Da hilfen keine Projekte mit Israel. Was die Eliten über Israel „denken“, kann man in DIE ZEIT und SUEDDEUTSCHE ZEITUNG nachlesen.
Und das alles nur um sich ein paar Stimmen bei dem Wahlvolk zu sichern?
… und die Frage ist, was das noch werden soll, wenn Israel wirklich das iranische Atomprogramm unterbinden sollte — wozu es keine Alternative zu geben scheint.
[…] hab mir einen Kommentar verkniffen, und das war wohl gut so, denn Claudio Casula von Spirit of Entebbe nimmt den Artikel auseinander, und das auf äußerst schöne Art und Weise. “Klischee Nr. 5: Die Israel-Lobby ist schuld/ist […]
Und da reden die immer noch vollen Ernstes von der Kontrolle der Medien durch die geheime jüdische Weltregierung…
Und die Niebel(ungen)-Saga ist auch noch nicht zu Ende.
http://drybonesblog.blogspot.com/2010/06/world-public-opinion.html
„Demokratien beginnen keine Kriege, Mr. Judt! Es soll aber durchaus vorkommen, dass ihnen welche aufgezwungen werden – etwa durch Raketenbeschuss aus dem Libanon oder aus dem Gazastreifen.“
ah ja. wie viele raketen hat gleich noch mal der irak 1990/91 bzw. 2003 auf die USA abgeschossen?
sowohl tony judt als auch SoE liegen hier falsch, was den „demokratischen frieden“ angeht. die theorie besagt nämlich nur, dass demokratien (so gut wie) nie kriege GEGENEINANDER führen. nicht, dass sie KEINE kriege führen, und auch nicht, dass sie nie kriege anfangen. sollte nicht so schwer zu verstehen sein.
@ heinzi
Gegeneinander schon gar nicht – eben weil jede Demokratie einen Krieg zu vermeiden versucht.
1990 hat der Irak völkerrechtswidrig Kuweit angegriffen, die USA (und andere Staaten) kamen zu Hilfe. Und 2003 haben die USA auch nicht aus Daffke Krieg geführt. Sie sehen ja, dass sich die Regierung für jeden Kriegseinsatz rechtfertigen muss. Kriege sind in Demokratien nun einmal unpopulär. In Diktaturen mitunter auch, aber das interessiert dann die Regierenden nicht.
Vielleicht sollte man jedesmal, wenn in Israel eine Rakete einschlägt, eine Sylvesterrakete über Herrn Judts Haus schießen und für jede Mörsergranate einen Knaller in seinen Vorgarten werfen. Rein symbolisch natürlich, ohne Sach- oder Judt-Beschädigung. 😉
„Sechs Klischees über Israel“ werden von Judt vorab relativiert, um sie kurz darauf dennoch wieder zu bestätigen.
Zusammenfassend ergibt sich keine ausgewogene Betrachtung des Nahost-Konflikts, sondern das typische Täter-Opfer-Schema.
Dennoch, Respekt! Israel-Bashing für Fortgeschrittene.
„Nie war der Satz aktueller als heute.“
Das trifft auch auf folgende Äußerung von Abba Eban aus dem Jahre 1967 zu:
„Als wir uns umschauten, sahen wir, daß die Welt gespalten war in diejenigen, die unsere Zerstörung wollten, und diejenigen, die nichts tun würden, um sie zu verhindern.“
Dies bezog sich auf die Blockade der Straße von Tiran durch Nasser und der Weigerung des UN-Sicherheitsrats, diese Blockade zu verurteilen.
Sind sie nicht süß?:
@Avram,
Weistu was ein Pessimist ist? Das ist ein gut informierter Optimist!
nu, ich bin zwar ein Pessimist, es gibt aber noch auf der Welt eine Gruppe von Menschen die uns beistehen. Ich finde die Welt ziemlich bekloppt, aber man muss damit leben. Wieviele Nationen und Herrscher haben versucht die Juden auszurotten? Seit 3 Tausend Jahren gleiche Geschichte mit kürzeren Unterbrechungen. Man kann sich schon daran gewohnen. Denkstu? DREI TAUSEND JAHRE! Man muss nicht in den Kategorien von Jahren sondern von Jahrhunderten denken.So wie die Chinesen das tun. Auch eine alte Nation.
So ein Judt ist ein Spinner. Da gab es viele davon. Und es wird noch viele geben. Von Alexander Roda Roda stammt der Satz: “Aus dem Antisemitismus könnte schon was werden, wenn sich nur die Juden seiner annehmen würden.” Man könnte auch sagen: Der Antisemitismus ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie den Nichtjuden überlassen könnte. (Broder)
Aber Du weißt schon, der Hund bellt und die Karawane zieht weiter. Am Israel Chai. Nicht um sonst hatte man sich Hunderte von Jahren lang mit dem Spruch verabschiedet: LA’SHANA HA’BA BE’YERUSHALAYIM HA’BENUYA
So wird das auch sein! Baruch haSchem!
@Joram
ich hielt mich bisher eher für einen Optimisten, aber nach Deiner Definition werde ich die Sache wohl noch einmal überdenken müssen. 😉
Im übrigen sehe ich mich als Realist und als solcher überrascht mich die jetzige Situation nicht wirklich. Der Antisemitismus in Europa ist nicht neu. Neu ist der hohe Anteil von Muslimen in Europa, welchen den Antisemitismus nur noch weiter verstärkt haben.
Neuer ist vielleicht der Umschwung der sog. Mainstream-Medien insbesondere bei den Zeitungen, die auf das Niveau der Bild Zeitung abgestiegen sind. Ob sie sich damit einen Gefallen getan haben, ist eine andere Frage.
Jeder Mensch mit ein wenig Verstand, kann solche Schmierfinken nicht mehr ernst nehmen. Das beobachte ich im übrigen auch bei anderen Themen. Es wird mittlerweile in vielen Bereichen gelogen, daß sich die Balken biegen.
Wenn man sich die Geschichte ansieht, wie hart die Presse anfangs für ihre Unabhängigkeit hat kämpfen müssen und wie leichtsinnig sie heute mit diesem Recht umgeht. Mit dem Recht der Pressefreiheit ist das so, wie mit allen anderen Rechten: man muß sie sich verdienen.
Sollte eines Tages die Pressefreieheit wieder eingeschränkt werden, so darf sich keiner darüber wundern. Sie haben nachweislich diese Freiheit nicht verdient.
Es ist einfach nur ekelhaft!
Diejenigen, die vielleicht auf ein Machtwort des umjubelten Alt-Herausgebers der ZEIT hoffen, werden enttäuscht werden. Von jemanden, der ein guter Freund Henry Kissingers ist sollte man kein Rückgrat erwarten.
Schön, wenn ich mich täuschen würde.
[…] Der „Kritik“-Lügner Tony Judt hat in der ZEIT ein Podium bekommen. Und schreibt nur verlogenen oder heuchlerischen Müll – beides ohne jeglichen Bezug zur Realität. Claudio Casula nimmt ihn auseinander. […]
[…] Manchmal ist er auch einfach nur schlecht informiert, dumm, naiv oder verlogen. Claudio Casula, Spirit of Entebbe, 21.06.10 über Tony […]
Und täglich grüßt …:
Pünktlich zur Wiederaufnahme direkter Gespräche zwischen Israel und der PA werden bei einem Terroranschlag der Hamas 4 israelische Zivilisten getötet. Die ARD setzt in einer Videotextmeldung dazu „Terroranschlag“ in Anführungszeichen [http://castollux.blogspot.com/2010/09/das-terror-gen-der-ard.html], während man bei der ZEIT das größte Hinderniss von Friedensverhandlungen genau zu benennen weiß:“Ein Rückschlag gleich zu Beginn der Verhandlungen? Israel will das Siedlungsmoratorium nicht verlängern. “
http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-09/netanjahu-barak-jerusalem
Ein Paradebeispiel des antiisraelisch Doppel- bis Fünfachdenk liefert ein User, der dem Namen nach ein geschlechtsloser Fisch ist:
„Sie können doch nicht das Volk der Palästinenser für den Anschlag weniger Irrer verantwortlich machen. Gerade weil die Radikalen in Palästina nicht die Mehrheit haben, ist es wichtig dass die Friedensverhandlungen von solchen Anschlägen nicht gestört werden – Israelis und Palästinenser müssen zeigen, dass sie sich davon nicht beeinflussen lassen. Dass die Israelis um Hängen und Würgen den oder die Mörder finden wollen, ist dabei leider nicht behilflich. Erst recht nicht, wenn dann bei einem Gegenschlag Zivilisten sterben“.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-09/netanjahu-barak-jerusalem?commentstart=9#cid-856814
Da kann man also die Palestinenser nicht dafür verantwortlich machen, wenn die Hamas Juden tötet. Allerdings ist es absolut kontraproduktiv, wen DIE ISRAELIS ™ „um Hängen und Würgen den … Mörder finden wollen“. Und insbesondere, da beim Gegenschlag Zivilisten ™ sterben könnten, ganz im Gegensatz zu Juden, die wenn ermordet schon ihrendwie selbst schuld, gehören sie doch zu DEN ISRAELIS ™.
Ich erinnere mich noch gut an den Unterricht zu Medienkompetenz in der Mittelstufe. Damals durften/mussten wir einige Wochen lang die ZEIT lesen, da diese „als die intellektuelste Zeitung auf dem deutschen Markt“ gelte…